Herzogtum Anhalt 1863 bis heute.
Das Herzogtum Anhalt war Mitglied des Deutschen Bundes, seit 1866 des Norddeutschen Bundes und seit 1871 ist es ein Bundesstaat des Deutschen Reichs. 1863 durch Vereinigung der Herzogtümer Anhalt-Dessau–Köthen und Anhalt-Bernburg gebildet, umfasst das Herzogtum sämtliche seit 1603 getrennt gewesenen anhaltischen Lande.
Diese liegen im Norddeutschen Tiefland und auf dem Unterharz und gliedern sich in zwei Hauptteile, einen östlichen und einen westlichen, welche durch die Preußische Provinz Sachsen voneinander getrennt werden; dazu kommen noch fünf kleine, von Preußischen Landen umschlossene Enklaven: Alsleben, Mühlingen, Dornburg, Gödnitz und Tilkerode-Abberode.
- Der östliche, größere Hauptteil ist von den Preußischen Regierungsbezirken Potsdam, Magdeburg u. Merseburg umschlossen; die beiden letzteren umgeben auch
- den westlichen, kleineren Teil (das sogenannte Oberherzogtum oder Ballenstedt), und nur etwa 7,5 km lang bildet das Herzogtum Braunschweig (Kreis Blankenburg) die Grenze.
Der größte Teil des Landes ist Flachland, nur der südwestlichste ist gebirgig durch den Unterharz, dessen höchste Kuppe, der Ramberg (Viktorshöhe), 582 m Höhe erreicht. Vom Unterharz senkt sich das Land nach der Saale hin; jenseits dieses Flusses bildet es bis zur Elbe eine zum Teil wellenförmige Ebene. Vom rechten Elbufer an beginnt ein meist sandiges, stark bewaldetes Flachland, nur hier und da durch moorige und fette Niederungen und den Höhenzug des Fläming unterbrochen.
Der größte Teil des Ganzen, von Ballenstedt bis an die Mulde und Elbe, hat vortrefflichen Ackerboden; weniger fruchtbar, jedoch gras- und holzreich ist der Landstrich nördlich der Elbe; auf dem Harz lohnt der Boden nur an einigen Stellen den Ackerbau. Die Elbe, als Hauptfluss, durchströmt den östlichen Teil des Landes von Osten nach Westen und nimmt hier unterhalb Roßlau die von Süden kommende Mulde auf. Die Saale, bereits schiffbar, geht in nördlicher Richtung durch den westlichen Strich des östlichen Teiles und nimmt rechts die Fuhne (Landgraben), links die Wipper mit der Eine und die Bode mit der Selke auf. Selke und Eine bewässern den westlichen Teil. Das Klima ist mild, nur in dem gebirgigsten Teil etwas rauh.
Das Wappen des Herzogtums Anhalt ist zweimal gespalten und dreimal quergeteilt mit Herzschild. Herzschild gespalten, vorn in Silber ein goldbewehrter roter halber Adler (Brandenburg), hinten von Schwarz und Gold zehnmal quergestreift, die Streifen von einem grünen Rautenkranz schrägrechts überzogen (Sachsen). 1) (Sachsen). 2) In Blau ein gekrönter goldener Adler (Pfalz zu Sachsen). 3) In Silber drei rote, im Dreipaß ausgebrochene Seeblätter (Engern). 4) In Silber eine nach links aufsteigende rote, gezinnte Mauer mit goldenem Tor, auf der ein gekrönter schwarzer Bär mit goldenem Halsband emporschreitet (Beringen). 5) Von Schwarz und Gold zehnmal quergestreift (Ballenstedt). 6) Von Schwarz und Silber zu zwölf Plätzen geschacht (Askanien). 7) Von Gold und Rot geviert (Waldersee). 8) In Blau zwei goldene Schräglinksbalken (Warmsdorf). 9) In Blau ein goldbewehrter silberner Adler (Mühlingen). 10) Ein rotes Feld (Regalienschild). 11) Dieselbe Zeichnung wie 4), nur läuft die Mauer schrägrechts, das Tor ist offen, das Halsband des Bären ist von Silber (Bernburg).
Die Flagge des Herzogtums Anhalt ist Rot-Grün-Weiß.
Stimmen im Bundesrat 1.
Im Reichstag 2 Wahlkreise (Dessau und Bernburg) und 2 Abgeordnete.
Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Anhalt:
Dessau = 54.898 Einwohner (1905) = 76. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.
Die offizielle Hymne des Herzogtums Anhalt lautet „Heil unserm Herzog, Heil!„
Die Preußische Post regelte seit 1850 auch den Postbetrieb im Herzogtum Anhalt. Das gesamte Preußische Postwesen ging am 1. Januar 1868 auf den Norddeutschen Bund (Norddeutscher Postbezirk) über. Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 bestimmte u. a., dass die unmittelbare Posthoheit, mit Ausnahme des inneren Verkehrs im Königreich Bayern und im Königreich Württemberg, dem Deutschen Reich zusteht.
Währungen und Münzen:
- vor 1875: 1 Taler = 30 Silbergroschen = 360 Pfennig,
- ab 1875: 1 Mark = 100 Pfennig.
Militär:
Das Militärwesen des Herzogtums Anhalt ist bereits seit 1867 ganz mit Preußen verschmolzen. Nach der Konvention vom 28. Juni 1867 wurde aus dem Kontingent von Anhalt das Anhaltische Infanterieregiment Nr. 93 gebildet, welches die Preußische Normalstärke (pro Bataillon 532 Mann mit 18 Offizieren im Frieden und 1034 Mann mit 22 Offizieren im Krieg) erhielt und der 7. Division des 4. Armeekorps zugeteilt ist. Garnisonsstädte sind Dessau und Zerbst.
Wirtschaft:
Die Hütten- und Hammerwerkindustrie blüht im Selketal, wo die gewonnenen Erze verarbeitet werden. Zu erwähnen sind dort die Silber- oder Viktor-Friedrichshütte mit Vitriolsiederei und der Eisenhüttenort Magdesprung). Chemische Industrie zur Verarbeitung der bei Leopoldshall gewonnenen Abraumsalze (Carnallit und Kainit) liefert verschiedene Kalisalze. Andere Industrieerzeugnisse sind Gold- und Silberwaren, Fayence, Chemikalien; auch Wollspinnereien und Wollwebereien, Maschinen- und Papierfabriken.
Landwirtschaft:
Die Hauptprodukte sind Getreide (Weizen), Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Zuckerrüben, Kartoffeln, Tabak, Flachs, Ölfrüchte, Hopfen und andere Kultur- und Handelspflanzen sowie Holz (Harz und rechtes Elbufer). Die Landwirtschaft ist die Hauptbeschäftigung der Einwohner und wird mit großer Sorgfalt betrieben. Besonders hervorzuheben sind hier die zahlreichen herzoglichen und landesfiskalischen Domänen, deren Areal ein Drittel des Landes einnimmt, sowie die großen Rittergüter. Die Viehzucht ist sehr erfolgreich, besonders die Rinderzucht in den Niederungen an der Elbe ist hervorzuheben. Bergbau Steinsalzbergwerk in Leopoldshall gegenüber Staßfurt.
Der Name Anhalt leitet sich von „Burg“ (an der Halde) ab. Das alte niedersächsische Fürstengeschlecht der Askanier herrschte seit der Anfangszeit des Reiches im mitteldeutschen Raum. Es brachte u. a. Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst (1729 – 1796), die spätere Katharina II. (Katharina die Große), ab 1762 Kaiserin von Russland hervor. Anhalt war lange in verschiedene Nebenlinien zersplittert.
Mit Preußen durch eine Militärkonvention verbunden, stand Anhalt bei dem Bundesbeschluss am 14. Juni 1866 auf Seiten dieser Macht; doch nahmen die Anhaltischen Truppen, als Bestandteil der Reserve, an der eigentlichen Aktion im Deutschen Krieg keinen Anteil. Das Herzogtum trat dem Norddeutschen Bund bei und wurde so 1871 ein Bundesstaat im Deutschen Reich.
Nach dem Tode Friedrichs I. (24. Januar 1904) folgte dessen Sohn Friedrich II. (gestorben am 21. April 1918), diesem dessen Bruder Eduard (gestorben am 13. September 1918), darauf dessen Sohn Joachim Ernst unter Vormundschaft seines Oheims Aribert.
Regenten.
Regierendes Fürstenhaus: Askanien, Ahnherr Graf Esico (um 1020), aus dem schwäbischen Geschlecht der Beringer, welcher im 11. Jahrhundert als Graf von Ballenstedt erscheint. Sein Urenkel war Albrecht der Bär, dessen Enkel Heinrich sich zuerst Fürst von Anhalt nannte.
Das Herzogtum Anhalt ist nach der Landschafts- und Geschäftsordnung vom 17. September 1859 eine konstitutionelle, im Mannesstamm nach dem Rechte der Erstgeburt erbliche Monarchie. Der Herzog führt den Titel Hoheit, vereinigt in sich die Exekutivgewalt; die Legislative teilt er mit den Ständen. Das Herzogliche Haus besitzt außerhalb des Landes zahlreiche und ansehnliche Güter in den Preußischen Provinzen Sachsen, Brandenburg und Preußen (495 km²); außerdem die Herrschaft Hertnek in Ungarn.
Herzöge von Anhalt:
- 30.08.1863 – 22.05.1871 Herzog Leopold Friedrich, genannt Herzog Leopold II. (01.10.1794 – 22.05.1871).
- 22.05.1871 – 24.01.1904 Herzog Leopold Friedrich Franz Nikolaus, genannt Herzog Friedrich I. (29.04.1831 – 24.01.1904).
- 21.01.1904 – 21.04.1918 Herzog Friedrich (Erbprinz seit 2.2.1886), genannt Herzog Friedrich II. (19.08.1856 – 21.04.1918).
- 21.04.1918 – 13.09.1918 Herzog Eduard von Anhalt (18.04.1861 – 18.09.1918).
- 13.09.1918 – 12.11.1947 Herzog Joachim (01.11.1901 – 18.02.1947).
- 1947 – 1963 Leopold Friedrich.
- 1963 bis heute Eduard von Anhalt.
Landesparlament des Herzogtums Anhalt:
36 Abgeordnete.
Der Landtag wird aus 36 Vertretern gebildet, von denen:
- 2 der Herzog für die Dauer der Landtagsperiode ernennt,
- 8 von den meistbesteuerten Grundbesitzern,
- 2 von den meistbesteuerten Handel- und Gewerbetreibenden,
- 14 von den übrigen Wahlberechtigten der Städte und
- 10 von den übrigen Wahlberechtigten des Landes gewählt werden.
Wahlrecht und Wahlfähigkeit hängt von der Vollendung des 25. Lebensjahres ab; die Grundbesitzer müssen wenigstens 63 Mark Grundsteuer zahlen, die Handel- und Gewerbetreibenden mit einem Einkommen von mindestens 18.000 Mark zur Einkommensteuer veranlagt sein, um das Wahlrecht in den Abteilungen der Meistbesteuerten ausüben zu können. Die Wahl ist geheim und für die Abgeordneten der Städte und des Landes indirekt. Die Landtagsperiode dauert sechs Jahre. Das Herzogtum Anhalt bildet einen konstitutionell-monarchistischen Staat.
Gerichtsorganisation.
Für die Rechtspflege bestehen (1910) unter dem Königlichen Preußischen Oberlandesgericht Naumburg (Saale) ein Landgericht in Dessau mit den Amtsgerichten: Ballenstädt, Bernburg, Köthen, Coswig (Anhalt), Dessau, Harzgerode, Jeßnitz, Oranienbaum, Roßlau, Sandersleben und Zerbst.
Organisation der Verwaltungsbehörden des Herzogtums Anhalt.
Oberste Behörde des Herzogtums ist das Staatsministerium in Dessau, dessen sämtliche früher getrennte Departements seit 1870 unter einem Staatsminister vereinigt sind. Diesem sind unterstellt:
- das Landgericht
- die Staatsanwaltschaft
- die Regierung (mit einer Abteilung für das Innere und einer Abteilung für das Schulwesen)
- die Finanzdirektion
- das Konsistorium (für evangelische Kirchensachen)
- die Landrentenbankdirektion
- das Statistische Büro
- die Behördenbibliothek
- das Haus- und Staatsarchiv in Zerbst
- die Strafanstalts-Kommission in Dessau
- die Herzoglich Anhaltinische Zolldirektion in Magdeburg
- die Salzwerks-Direktion in Leopoldshall
Administrative Gliederung des Herzogtums Anhalt.
Das Herzogtum ist in 5 Kreise eingeteilt: Dessau, Köthen, Zerbst, Bernburg und Ballenstedt. Die Kreisdirektion für jeden Kreis hat ihren Sitz in der Stadt, nach der der Kreis benannt ist. Die Kreisdirektionen sind ebenso wie die Städte Bernburg, Köthen (Cöthen), Dessau und Zerbst der Regierung, Abteilung des Inneren, unterstellt. Alle übrigen Stadt- und Landgemeinden stehen unter Aufsicht der Kreisdirektionen.
- Kreis Dessau mit einer Fläche von 424,59 km², 85.573 Einwohnern (Jahr 1900), enthält 59 Gemeinden: Alten, Bobbau, Brandhorst, Dellnau, Dessau, Diesdorf, Elsnigk, Fraßdorf, Friedrichsdorf, Gohrau, Griesen, Großkühnau, Haideburg vor der Haide, Hinsdorf, Horstdorf, Hoyersdorf, Jeßnitz, Jonitz, Kakau, Kleckewitz, Kleinkühnau, Kleinleipzig, Kleinmöhlau, Kleutsch, Kochstedt, Körnitz, Lausigk, Libbesdorf, Lingenau, Marke, Meilendorf, Mosigkau, Naundorf bei Dessau, Naundorf vor der Haide, Niesau, Oranienbaum, Pötnitz, Quellendorf, Raguhn, Rehsen, Reppichau, Retzau, Reupzig, Riesigk, Rosefeld, Roßdorf, Scheuder, Scholitz, Schönitz, Siebenhausen, Sollnitz, Storkau, Thurland, Tornau vor der Haide, Törten, Vockerode, Wörlitz, Zehmigkau, Ziebigk.
- Kreis Köthen mit einer Fläche von 343,13 km², 53.691 Einwohnern (Jahr 1900), enthält 79 Gemeinden: Arensdorf, Baasdorf, Berwitz, Biendorf, Breesen, Cattau, Cörmigk, Cosa, Cösitz, Crüchern, Diebzig, Dohndorf, Drosa, Edderitz, Elsdorf, Fernsdorf, Frenz, Gerlebogk, Geuz, Glauzig, Gnetsch, Gölzau, Görzig, Gröbzig, Großbadegast, Großpaschleben, Großweißandt, Großwülknitz, Hohnsdorf, Hohsdorf, Ilbersdorf, Kleinbadegast, Kleinpaschleben, Kleinweißandt, Kleinwülknitz, Kleinzerbst, Klepzig, Köthen, Lennewitz, Libehna, Locherau, Maasdorf, Merzien, Mölz, Osternienburg, Pfaffendorf, Pfitzdorf, Pfriemsdorf, Piethen, Pißdorf, Plömnitz, Porst, Preußlitz, Priesdorf, Prosigk, Radegast, Reinsdorf, Riesdorf, Rohndorf, Schortewitz, Thurau, Trebbichau an der Fuhne, Trebbichau bei Wulfen, Trinum, Wadendorf, Wehlau, Wenndorf, Werdershausen, Wiendorf, Wohlsdorf, Wörbzig, Wulfen, Würflau, Zabitz, Zehbitz, Zehmitz, Zehringen, Zeundorf, Ziebigk.
- Kreis Zerbst mit einer Fläche von 802,97 km², 53.141 Einwohnern (Jahr 1900), enthält 79 Gemeinden: Badetz, Badewitz, Bias, Bone, Bonitz, Bornum, Brambach, Bräsen, Buhlendorf, Buko, Buro, Cobbelsdorf, Coswig, Deetz, Dobritz, Dornburg, Düben, Eichholz, Garitz, Gödnitz, Göritz, Griebo, Grimme, Grochewitz, Hagendorf, Hohenlepte, Hundeluft, Jeber-Bergfrieden, Jütrichau, Kerchau, Kermen, Kleinleitzkau, Klieken, Köselitz, Krakau, Kuhberge, Leps, Lietzo, Lindau, Luko, Luso, Meinsdorf, Möllensdorf, Mühlsdorf, Mühlstedt, Mühro, Natho, Nedlitz, Neeken, Niederlepte, Nutha, Pakendorf, Polenzko mit OT Bärenthoren, Pulspforde, Pülzig, Quast, Ragösen, Reuden, Rietzmeck, Rodleben, Roßlau, Senst, Serno, Stackelitz, Steckby, Steutz, Straguth, Streetz, Strinum, Thießen, Thornau-Bernsdorf, Trüben, Wahlsdorf, Weiden, Wertlau, Wörpen, Zerbst, Zernitz, Zieko.
- Kreis Bernburg mit einer Fläche von 396,91 km², 93.386 Einwohnern (Jahr 1900), enthält 45 Gemeinden: Aderstedt, Altenburg, Amesdorf, Baalberge, Bernburg, Borgesdorf, Bullenstedt, Dröbel, Drohndorf, Freckleben, Gerbitz, Giersleben, Grimschleben, Gröna, Großmühlingen, Großpoley, Großwirschleben, Güsten, Hecklingen, Hohenerxleben, Ilberstedt, Kleinmühlingen, Kleinpoley, Kleinschierstedt, Kleinwirschleben, Latdorf, Leau, Leopoldshall, Mehringen, Neundorf, Nienburg, Oberpeißen, Osmarsleben, Plötzkau, Pobzig, Rathmannsdorf, Roschwitz, Sandersleben, Schackenthal, Schackstedt, Unterwiederstedt, Warmsdorf, Weddegast mit Neunfinger, Wedlitz, Wispitz.
- Kreis Ballenstedt (sogenanntes Oberherzogtum) mit einer Fläche von 331,78 km², 30.294 Einwohnern (Jahr 1900), enthält 20 Gemeinden: Alikendorf, Badeborn, Ballenstedt, Bärenrode, Frose, Gernrode, Großalsleben, Güntersberge, Harzgerode, Hoym, Kleinalsleben, Lindenberg, Neudorf, Opperode, Radisleben, Reinstedt, Rieder, Schielo, Siptenfelde, Tilkerode.