Großherzogtum Baden 1806 bis heute.
Das Großherzogtum Baden ist der Volkszahl nach der fünfte, dem Flächeninhalt nach der vierte Staat des Deutschen Reiches, im volkreichsten und bestbebauten Teil von Süddeutschland, zwischen 7°31´ und 9°51´ östlicher Länge sowie zwischen 47°32´ und 49°47´ nördlicher Breite gelegen, im Norden an den Bayrischen Regierungsbezirk Unterfranken und an Hessen (Provinz Starkenburg), im Westen, wo, wie größtenteils auch im Süden, der Rhein die Grenze bildet, an die Bayrische Pfalz und das Elsaß, im Süden an die Schweizer Kantone Basel, Aargau, Zürich, Schaffhausen und Thurgau, im Osten an Württemberg und Hohenzollern grenzend, bildet nahezu ein geschlossenes Ganzes. Bei einer Gesamtlänge der Grenzen von 1530 km beträgt die Rheingrenze 382 km. Die größte Breite hat Baden im Süden mit 139 km, dann verengert es sich zwischen Rastatt und Karlsruhe bis auf 18 km und erweitert sich darauf wieder gegen Norden bis zu 87 km. Die größte Länge von Südwest nach Nordost beträgt 235 km.
Die Haupt- und Residenzstadt ist Karlsruhe mit 111.200 Einwohner Stand 1905. Sie ist damit auf dem 38. Platz der größten Städte des Deutschen Reiches. Die Größe des Großherzogtums Baden beträgt 15 081 km² = 273,9 Quadratmeilen.
Die Bevölkerung betrug nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 = 2.142.849 Einwohner:
- 1.059.592 männlich
- 1.083.257 weiblich
Wichtigster Fluss ist der Rhein als Grenzfluss mit seinen Nebenflüssen Wutach, Wiese, Kinzig, Murg, Neckar (mit Enz), im Nordost-Zipfel die Tauber zum Main, Breg-Brigach-Donau (etwa bis Sigmaringen), Anteil am Bodensee.
Das Großherzogtum Baden verfügte bis 1871 über eine eigene Posthoheit. Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 bestimmte u. a., dass die unmittelbare Posthoheit, mit Ausnahme des inneren Verkehrs im Königreich Bayern und im Königreich Württemberg, dem Deutschen Reich zusteht. Am 4. Mai 1871 übernahm die Reichspost auch in Baden den gesamten Postbetrieb.
Die Währungen waren vor 1872: 1 Gulden = 60 Kreuzer. Ab 1872: 1 Mark = 100 Pfennig.
Das Badische Militär bildet nach der mit Preußen abgeschlossenen Konvention seit 1871 einen Teil des Preußischen Heeres, und zwar den größten Teil des 14. Armeekorps. Baden stellt 9 Infanterieregimenter (Nr. 109–114, Nr. 142, 169 und 170), 3 Dragonerregimenter (Nr. 20 bis 22), 5 Feldartillerieregimenter (Nr. 14, 30, 50, 66 und 76), 1 Fußartillerieregiment, 1 Pionier- und 1 Trainbataillon (alle drei Nr. 14), Landwehrbezirke bestehen 14. Ein kleiner Teil der Truppen steht im Elsaß, während Preußische Truppen in Baden garnisonieren. In Karlsruhe befindet sich ein Kadettenhaus, in Ettlingen eine Unteroffiziersschule. Seit der Entfestigung von Rastatt besitzt Baden nur die zum Festungsbezirk Straßburg gehörenden Forts bei Kehl.
Das Wappen des Großherzogtums Baden zeigt im goldenen Feld einen roten Schrägrechtsbalken; der Schild wird von zwei rückwärts sehenden, gekrönten silbernen Greifen gehalten. Die Landesfarben des Großherzogtums Baden sind Gelb, Rot, Gelb.
Stimmen im Bundesrat 3. Abgeordnete im Reichstag 14.
Die Hymne des Großherzogtums Baden lautet „Heil unserem Fürsten, Heil!“ nach der Melodie „God save the King“.
Mit dem Beitritt zum Rheinbund am 12. Juli 1806 erhielt der Kurfürst volle Souveränität über alle in seinem Gebiet gelegenen, bisher reichsunmittelbaren Stände und Ritter und den Titel Großherzog. Das neue Großherzogtum wurde in zehn Kreise eingeteilt, war politisch ein Vasallenstaat Napoleons I. und wurde nach französischem Muster organisiert. Dem Großherzog Karl Friedrich folgte 1811 sein Enkel Karl Ludwig Friedrich (1811-18), der mit Napoleons Adoptivtochter Stephanie Beauharnais (1789-1860) vermählt war. Er schloss sich nach der Schlacht bei Leipzig den Verbündeten an, bekam die Erhaltung der Souveränität und seines Gebiets zugesichert, trat 1815 in den Deutschen Bund ein, sicherte 1817 gesetzlich die Unteilbarkeit des Landes, ordnete die Erfolge und gab seinem Land am 22. August 1818 eine Verfassung. Seines Vaters Bruder, Großherzog Ludwig I. Wilhelm August (1818-30) vereinigte 1821 nach Preußischem Vorbild das reformierte und das lutherische Glaubensbekenntnis zu einer Evangelischen Landeskirche und gründete 1827 das Erzbistum Freiburg unter vollständiger Wahrung der Staatshoheit.
Am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 nahmen die Badischen Truppen unter General von Werder teil und zeichneten sich besonders bei Ruits und Belfort aus. Am 15. November 1870 schloss Baden in Versailles einen Verfassungsvertrag mit dem Norddeutschen Bund und am 25. November mit Preußen eine Militärkonvention ab. Wirtschaftlich erlebte Baden nach dem Frieden einen enormen Aufschwung. 1884 wurde die Einführung einer allgemeinen Einkommenssteuer beschlossen. 1904 wurde das allgemeine direkte Wahlrecht für die Zweite Kammer, 1909 nach dem Proportionalwahlsystem, eingeführt. Nach dem Tode des Großherzogs Friedrich (28. September 1907) übernahm dessen Sohn als Friedrich II. die Regierung.
Das Großherzogtum Baden ist eine konstitutionelle Monarchie, erblich nach dem Erstgeburtsrecht und der Linearerbfolge im Mannesstamm, im Fall des Erlöschens des Mannesstamms auf männliche Nachkommen badischer Prinzessinnen übergehend. Das regierende Fürstenhaus, Zähringen, hat seinen Ursprung bei Ahnherr Graf Berthold († 982).
Großherzöge Badens 1806 bis heute.
- 1806 – 1811 Karl Friedrich
- 1811 – 1818 Karl Ludwig Friedrich
- 1818 – 1830 Ludwig I. Wilhelm August
- 1830 – 1852 Leopold I.
- 1852 – 1856 Ludwig II.
- 1856 – 1907 Friedrich I. (seit 24.04.1852 Regent)
- 1907 – 1928 Großherzog Friedrich II.
- 1928 – 1963 Berthold Markgraf von Baden
- 1963 – 2022 Max Markgraf von Baden
- 2022 – bis heute Bernhard von Baden
Landesparlament des Großherzogtums Baden.
Das Großherzogtum Baden ist eine konstitutionelle Monarchie mit einem 2 Kammersystem. Die Staatsangehörigen haben gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten; die vollständige Gleichstellung der Juden in bürgerlicher Beziehung erfolgte am 4. Oktober 1862. Die freie Ausübung der Religion ist gewährleistet. Die Ständeversammlung wird mindestens alle zwei Jahre berufen. Der Großherzog ernennt das Präsidium der Ersten Kammer, während die Zweite Kammer das Präsidium selbst wählt. Der Großherzog beruft und schließt die Ständeversammlung und kann das selbige vertagen und auflösen. Im Fall der Auflösung hat binnen 3 Monaten eine Neuwahl stattzufinden, und auch die Wahlen und Ernennungen zur ersten Kammer sind zu erneuern. Die Stände bewilligen die Steuern, Anleihen und Domänenverkäufe; ihre Zustimmung ist erforderlich zu Erlass, Abänderung und authentischer Erläuterung der Gesetze. Das Budget ist zweijährig. Dasselbe sowie alle Finanzgesetze gehen zunächst an die Zweite Kammer. Die Erste Kammer votiert dieselben nur im Ganzen; im Falle, dass ihre Mehrheit dagegen stimmt, entscheidet das Stimmenverhältnis beider Kammern zusammen. Zu Veränderungen und Ergänzungen der Verfassung ist eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln bei Anwesenheit von drei Vierteln der Mitglieder in jeder Kammer erforderlich. Im Übrigen wird die Erste Kammer durch Anwesenheit von 10, die Zweite von 35 Mitgliedern beschlussfähig. Die Kammern haben das Recht des Gesetzesvorschlags, der Vorstellung und Beschwerde sowie der Ministeranklage. Die Abgeordneten der Universitäten und der Zweiten Kammer erhalten Diäten. Für die Zeit, in welcher die Kammern nicht versammelt sind, besteht ein ständiger Ausschuss, aus dem Präsidenten und 3 Mitgliedern von der Ersten und 6 Mitgliedern der Zweiten Kammer zusammengesetzt, welche von jeder Kammer für sich gewählt werden. Der Ausschuss prüft die Hauptstaatsrechnungen; im Notfall genügt seine Zustimmung zur Aufnahme einer Staatsanleihe.
- Die Erste Kammer besteht aus den Prinzen des Großherzoglichen Hauses, den Häuptern der standesherrlichen Familien, dem Erzbischof von Freiburg und dem evangelischen Prälaten, den vom Großherzog für je eine Landtagsperiode bis zur Zahl von 8 ernannten Mitgliedern, aus 8 (auf 8 Jahre gewählten) Abgeordneten des grundherrlichen Adels, endlich aus 2 auf 4 Jahre gewählten Abgeordneten der zwei Landesuniversitäten.
- Die Zweite Kammer besteht aus 63 Abgeordneten, 20 von 13 Städten und 43 der Landesbezirke; dieselben werden in allgemeiner, aber indirekter Wahl auf 4 Jahre gewählt und zwar alle 2 Jahre zur Hälfte.
Gerichtsorganisation.
Das Großherzogtum Baden bildet den Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe, zu welchem 8 Landgerichte mit 60 Amtsgerichten gehören:
- Landgericht Freiburg (Breisgau) mit den Amtsgerichten Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg (Breisgau), Kenzingen, Lörrach, Müllheim (Baden), Neustadt (Schwarzwald), Staufen und Waldkirch (Breisgau).
- Landgericht Heidelberg mit den Amtsgerichten Eppingen, Heidelberg, Sinsheim und Wiesloch.
- Landgericht Karlsruhe mit den Amtsgerichten Baden, Bretten, Bruchsal, Durlach, Ettlingen, Gernsbach (Murgtal), Karlsruhe (Baden), Pforzheim, Philippsburg (Baden) und Rastatt.
- Landgericht Konstanz mit den Amtsgerichten Donaueschingen, Engen (Baden), Konstanz, Meßkirch, Pfullendorf, Radolfzell, Stockach, Ueberlingen und Villingen (Baden).
- Landgericht Mannheim mit den Amtsgerichten Mannheim, Schwetzingen, und Weinheim.
- Landgericht Mosbach mit den Amtsgerichten Adelsheim, Boxberg (Baden), Buchen, Eberbach (Baden), Mosbach (Baden), Neckarbischofsheim, Tauberbischofsheim, Walldürn und Wertheim.
- Landgericht Offenburg mit den Amtsgerichten Achern, Bühl (Baden), Gengenbach, Kehl, Lahr (Baden), Oberkirch (Baden), Offenburg (Baden), Triberg und Wolfach.
- Landgericht Waldshut mit den Amtsgerichten Bonndorf (Schwarzwald), Säckingen, St. Blasien, Schönau (Wiesental), Schopfheim und Waldshut.
Organisation der Verwaltungsbehörden.
An der Spitze der Staatsverwaltung des Großherzogtums Baden steht das Staatsministerium, bestehend aus dem Präsidenten des Staatsministeriums, den Departementschefs und besonders ernannten Mitgliedern als verantwortlichen Ministern. Die vorsitzenden Räte der Ministerien und einige andere höhere Beamte können zu den Sitzungen mit beratender Stimme hinzugezogen werden.
Oberste Regierungsbehörden sind die Staatsministerien:
- das Ministerium Großherzoglichen Hauses, der Reichssachen und des Auswärtigen
- das Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts
- das Ministerium des Inneren
- das Ministerium der Finanzen
Administrative Gliederung des Großherzogtums Baden.
Das Großherzogtum Baden ist eingeteilt in 4 landeskommissarische Bezirke mit 53 Amtsbezirken, darunter die Stadtamtsbezirke Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Heidelberg und Freiburg. Die Zahl aller Wohnorte beträgt (im Jahr 1880) 7697, davon 114 Städte, 1609 Dörfer, 1733 Weiler, 642 Gruppen von Höfen und Häusern, 3599 einzelne Höfe und Häuser.
Die Kreis- und Bezirksämter stehen unter Aufsicht des Ministeriums des Inneren. Alle Stadt- und Landgemeinden sind den Bezirksämtern unterstellt. Die Gemeindebehörden heißen in den Städteordnungen unterstellten Städten „Stadtrat“, in den übrigen Städten und Landgemeinden „Gemeinderat“ (Bürgermeisteramt).
(Petzolds „Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“ 1911)
1. Bezirk Konstanz mit einer Fläche von 4 168 km² und 297 242 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Kreise Konstanz, Villingen und Waldshut.
- Kreis Konstanz mit einer Fläche von 1 866 km² und 144 276 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Engen, Konstanz, Meßkirch, Pfullendorf, Stockach, Überlingen.
- Kreis Villingen mit einer Fläche von 1 062 km² und 74 283 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Donaueschingen, Triberg, Villingen.
- Kreis Waldshut mit einer Fläche von 1 240 km² und 78 683 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Bonndorf, Säckingen, Sankt Blasien, Waldshut.
2. Bezirk Freiburg mit einer Fläche von 4 748 km² und 510 274 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Kreise Freiburg, Lörrach und Offenburg.
- Kreis Freiburg mit einer Fläche von 2 191 km² und 234 717 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg, Neustadt, Staufen, Waldkirch.
- Kreis Lörrach mit einer Fläche von 958 km² und 102 453 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Lörrach, Müllheim, Schönau, Schopfheim.
- Kreis Offenburg mit einer Fläche von 1 599 km² und 173 104 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Kehl, Lahr, Oberkirch, Offenburg, Wolfach.
3. Bezirk Karlsruhe mit einer Fläche von 2 567 km² und 517 434 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Kreise Baden und Karlsruhe).
- Kreis Baden mit einer Fläche von 1 044 km² und 148 684 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Achern, Baden, Bühl, Rastatt.
- Kreis Karlsruhe mit einer Fläche von 1 523 km² und 368 750 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Bretten, Bruchsal, Durlach, Ettlingen, Karlsruhe, Pforzheim.
4. Bezirk Mannheim mit einer Fläche von 3 598 km² und 542 994 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Kreise Mannheim, Heidelberg und Mosbach.
- Kreis Mannheim mit einer Fläche von 465 km² und 225 508 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Mannheim, Schwetzingen, Weinheim.
- Kreis Heidelberg mit einer Fläche von 972 km² und 166 791 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Eppingen, Heidelberg, Sinsheim, Wiesloch.
- Kreis Mosbach mit einer Fläche von 2 161 km² und 150 695 Einwohnern (Jahr 1900) untergliedert sich in die Amtsbezirke Adelsheim, Boxberg, Buchen, Eberbach, Mosbach, Tauberbischofsheim, Wertheim.