Einleitung.
„Wenn Bayern noch eine Monarchie wäre, dann wäre er König.“ Nahezu in jedem öffentlichen Interview mit ihm findet dieser Umstand seine Erwähnung. Die Rede ist von Franz, Herzog von Bayern. Im Mai diesen Jahres erschien eine Biographie über den König. Er selbst hatte die Autorin, die Geschichtsprofessorin Marita Krause geladen und in zwei Dutzend Gesprächen das Material für das Buch entwickelt. Anläßlich seines 90. Geburtstages wollen auch wir einen Blick auf das ereignisreiche und bewegte Leben Seiner Königlichen Majestät, Franz Bonaventura Adalbert Maria, von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben etc. etc. etc. werfen.
Kindheit und Jugend.
Franz Herzog von Bayern, so sein „bürgerlicher Name“, wurde am 14. Juli 1933, wenige Monate nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, in Kreuth am Tegernsee geboren. Er ist der älteste Sohn von Herzog Albrecht und Maria Gräfin Drašković von Trakošćan. Sein Großvater war Kronprinz Rupprecht, sein Urgroßvater der vorläufig letzte regierende König von Bayern, Ludwig III. Ein Jahr nach seiner Geburt mußte die Familie zum ersten Mal die Heimat in Richtung Ungarn verlassen, um im Frühjahr 1935 wieder zurückzukommen. Kurz vor dem Beginn des zweiten Waffenganges – im Sommer 1939 – flohen die Eltern vor den Nazis über Jugoslawien erneut nach Ungarn. Die Familie kam beim Grafen Zichy unter, der ihnen eine kleine Wohnung überließ.
Dies sollte für die kommenden fünf Jahre das Zuhause der Wittelsbacher werden. Der kleine Prinz wuchs in Gemeinschaft mit zahlreichen anderen Kindern auf. Vom Krieg im Reich bekam er nicht viel mit. S. K. M. hat diese Zeit als „traumhaft“ in Erinnerung. Die Wehrmacht beendete mit ihrem Einmarsch im März 1944 in Ungarn das beschauliche Dasein. Die königliche Familie wurde verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Später wurde sie in Flossenbürg, anschließend in Dachau interniert. Zwar wurde die Familie von anderen Häftlingen separiert; die Gefahr einer möglichen Exekution war jedoch allgegenwärtig. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang, daß der Prinz während seiner Kindheit niemals in dem Bewußtsein erzogen wurde, daß er einer Königsdynastie angehört. Ist diese für einen Angehörigen des Hochadels ungewöhnliche kindliche Prägung die Ursache für die Bescheidenheit Seiner Majestät?
Die Rückkehr ins zerbombte München gestaltete sich insbesondere für Albrecht von Bayern schwierig. Für des kleinen Prinzen Vater war klar, daß es auf absehbare Zeit keine regierenden Monarchen in Deutschland mehr geben würde. Die einfache Empfehlung für seine Söhne lautete daher, diese müssten sich einen Beruf suchen. Nach dem Besuch des Internats Ettal studierte Franz von Bayern Betriebswirtschaftslehre und absolvierte anschließend eine kaufmännische Ausbildung. Das hört sich alles wenig königlich an, war jedoch schlicht dem Zeitgeist geschuldeter Pragmatismus.
Wissenschaft und Kunst.
Franz von Bayern wurde die Liebe zur Kunst sozusagen in die Wiege gelegt. Weithin bekannt ist die Kunstaffinität Ludwigs II.. Des Prinzen Großvater, Rupprecht von Bayern war ebenfalls Kunstkenner und -sammler.
Während der Aufbaujahre in München war der Prinz stets bestrebt, die Künste zu fördern, vor allem moderne Kunst. Er interessierte sich für die Oper, Theater, Musik sowie für die Bildende Kunst. Die Weltoffenheit des jungen Agnaten hatte mitunter skurrile Folgen. Die amerikanischen Besatzer betrieben in München den einen oder anderen Jazzkeller. Da Deutsche unter den GIs nicht besonders beliebt waren, verbrachte Franz von Bayern einige Abende versteckt unter der Theke, um jenen neumodischen Klängen zu lauschen.
Kein Wunder also, daß Franz von Bayern als erster Deutscher Vorsitzender des „International Council“ des „Museum of Modern Arts“ wurde. Die internationale Kunstszene brachte unseren Protagonisten in Kontakt mit zahlreichen einflußreichen Persönlichkeiten weltweit, so daß er abseits des politischen Geschehens in diesem Rahmen zur Völkerverständigung beitragen konnte, und immer noch kann. Zwischenzeitlich erstreckte sich sein Engagement über nahezu zweihundert Organisationen, als Schirmherr, Kuratoriumsmitglied oder Förderer. Gerne nutzt er seine Repräsentationsaufgaben als Chef des Hauses, um besonderen Anliegen Gewicht zu verleihen.
Er ist längst ein hochgeschätzter Kunstsammler und gilt als Förderer der Künste und der Wissenschaften, wie alle bayerischen Könige vor ihm. Darüber hinaus ist er Kuratoriumsmitglied der Ludwig-Maximilians-Universität München, des Deutschen Museums und seit 1999 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, denn auch die Naturwissenschaften zählen zu seinen Vorlieben. Im Verein zur Förderung der Alten Pinakothek führt er den Vorsitz, im Galerieverein München den stellvertretenden Vorsitz. Ein über alle Maßen bewegtes Leben, und doch beantwortet er die Frage, was ihm das Wichtigste sei, stets mit „Bayern“.
Chef des Hauses.
Seit dem Tod des Vaters im Jahr 1996 leitet Franz von Bayern die Geschäfte des Hauses Wittelsbach. Er ist der Repräsentant der Familie, wacht über die Hausgesetze und verwaltet das Vermögen. Der Einsatz des Hauses zielt darauf ab, daß Bayern und Deutschland auf dem Gebiet der Wissenschaft nicht nur den Anschluß halten, sondern eine Spitzenposition einnehmen. Das Haus blieb stets mit der Politik des Landes verbunden.
Die vergangenen 105 Jahre waren sicherlich nicht einfach für das Haus Wittelsbach. Nach jahrhundertelanger Regierungstätigkeit müssen die mit Bayern untrennbar verbundenen ehemaligen Herrscher zusehen, wie Berufspolitiker die Geschicke des Landes nicht immer zum Wohle des Volkes leiten. Insofern hat Franz von Bayern den Titel seines Buches „Zuschauer in der ersten Reihe“ mit Bedacht gewählt. Nun – von der ersten Reihe aus, ist es nicht mehr weit zur Bühne…