Sir Benjamin Thompson Graf von Rumford –
Bayerischer Kriegsminister, Sozial- und Heeresreformer, Physiker, Erfinder.
Nachdem bei manchen Deutschen nach wie vor ein US-amerikanischer Unternehmer, Unterhalter und so genannter Politiker als der große Heilsbringer für die Zukunft der Deutschen angesehen wird, wollen wir uns mit diesem Bericht einem Amerikaner widmen, der sich wahrhaftig mit seinen Leistungen zum Wohle der Deutschen verdient gemacht hat: Sir Benjamin Thompson, seit 1792 Graf von Rumford (* 26. März 1753 in Woburn, Provinz Massachusetts Bay; † 21. August 1814 in Auteuil bei Paris).
Der in Amerika geborene Graf Rumford wurde 1889 in die „Allgemeine Deutsche Biographie“ aufgenommen. Die Aufnahme war dadurch gerechtfertigt, daß er die zweite Hälfte seines tatenreichen Lebens im bayerischen Staats- und Militärdienste verbrachte und hierin, sowie als Naturforscher und Menschenfreund so segensreich wirkte, daß er sich bei Mit- und Nachwelt ein unvergängliches Andenken sicherte.
Rumford hat sechs Jahre seines Lebens (1776 bis 1782) der britischen Armee gewidmet. Mit seinem Chef trat auch Rumford als zuletzt neuernannter Oberstleutnant aus dem englischen Staatsdienst aus. Sofort nach Niederlegung des Staatsdienstes ging er nach Amerika, um in Charlestown (Boston) das Kommando eines königlichen Dragonerregiments zu übernehmen.
Anfang 1783, noch vor dem Friedensschluß zu formalen Beendigung des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, kehrte er nach England zurück. Dort wurde er zum Dragonenoberst befördert. Dennoch sah er für sich nach dem Ende des Krieges keine Chancen mehr auf eine erfolgreiche militärische Laufbahn. Da er mit einem neuen Krieg gegen die Türken rechnete brach er nach Wien auf (Russisch-Österreichischer Türkenkrieg). Dort wollte er dem Kaiser seine Dienste anbieten.
Graf Rumford kommt nach Bayern.
Auf seiner Reise nach Wien durch Straßburg kommend traf er auf Herzog Maximilian Joseph von Zweibrücken, welcher dort ein Regiment kommandierte. Rumfords Art und Weise, seine Erzählungen, seine Zeichnungen und Gedanken ließen erkennen, daß er kein gewöhnlicher Offizier war. Herzog Maximilian Joseph, der wußte, daß Rumford durch München kommen werde, gab ihm daher gute Empfehlungen an seinen Onkel Karl Theodor, den regierenden Kurfürsten von Bayern mit.
Der Kurfürst bot ihm an, für immer in seine Dienste treten. Nach kurzem Aufenthalt in Wien kehrte er nach London zurück, um dort persönlich die Erlaubnis zu erbitten, den kurfürstlichen Antrag annehmen zu dürfen. Der König gewährte ihm dieses und erhob ihn darüber hinaus noch in den englischen Ritterstand. Als Sir Benjamin Thompson trat er nach seiner Rückkehr im Frühjahr 1784 in den Dienst des Kurfürsten. Er zwar zunächst als Oberst eines Kavallerieregiments und als Flügeladjutant eingesetzt. In seiner neuen Stellung beschäftigten ihn die unterschiedlichsten Aufgaben.
Das nächstgelegene Feld seiner Tätigkeit war die Abstellung von Mißbräuchen aller Art und die Entwicklung der Hilfsquellen des Kurfürstentums. Dabei setzte er eifrig seine in Amerika und England begonnenen wissenschaftlichen Arbeiten fort. 1785 wurde er zum Ehrenmitglied der Münchener kurfürstlichen Akademie ernannt.
Karl Theodor ehrte seine Verdienste, indem er ihn 1785 zum Kammerherrn und 1787 zum Geheimen Rat ernannte.
Reform des Heeres.
Unter dem damaligen Kriegsminister hatten sich im bayerischen Heerwesen viele Mißstände eingeschlichen. Diese veranlassten den Kurfürsten dazu, Graf von Rumford zu beauftragen, diese zu untersuchen und Vorschläge zu ihrer Beseitigung zu unterbreiten. Dieser verfasste dazu 1788 eine Denkschrift, die den vollen Beifall aller Sachverständigen erhielt und den Kurfürsten dazu bewog, ihn im demselben Jahre noch zum Generalmajor, Staatsrat und Kriegsminister zu ernennen.
Für die Ausführung seiner Reformen hatte sich Rumford 4 Jahre vorbereitet. Seine erste Reform war die Neuerrichtung der Militärwerkstatt in Mannheim. Die mit den besten Maschinen ausgestattete Kanonengießerei in München folgte. Dann galt es Ordnung, Disziplin und Sparsamkeit bei der Armee einzuführen, um den Soldaten zum Bürger und den Bürger zum Soldaten zu erziehen. Der Soldat sollte besser bezahlt, gut gekleidet, mit aller zur Unterordnung stimmenden Freiheit ausgestattet und einfach militärisch unterrichtet werden. Letzteres geschah in Militärschulen, wo nicht bloß die Soldaten und ihre Kinder, sondern auch die Kinder der benachbarten Bauern auf Kosten des Landesherrn im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden und mit den hierfür nötigen Büchern und Schreibmaterialien versehen wurden.
Weiter verteilte der neue Kriegsminister gesunde und kräftige Militärpferde unter das Landvolk zur Pferdezucht. Auch errichtete er die noch heute bestehende Münchener Veterinäranstalt, betrieb die Gewehr- und Säbelfabrikation und begründete das Militärfuhrwesen sowie den Generalstab. Die Kavallerie verwendete er als Besatzung der Landesgrenzen und führte Militärgärten und Arbeitshäuser ein. Der bei München angelegte Militärgarten erhielt außer einer Schweizerei und einer Militärmühle verschiedene andere dem öffentlichen Vergnügen gewidmete Gebäude und verwandelte sich so in den wohl bekannten und nie dankbar genug anzuerkennenden weit ausgedehnten englischen Garten.
Reform des Armenwesens.
Mit der an Zucht und Ordnung gewöhnten Armee hoffte der auch mit der Leitung der Polizeiverwaltung Münchens betraute Kriegsminister dem so fürchterlichen Übel des damaligen Bettelwesens in Bayern abzuhelfen. Rumford hatte eine Armenpolizei eingerichtet, um für die hilfsbedürftigen Bettler Beistand und für die gesunden Bettler Erwerb zu schaffen. Zur Besserung der Bettler und Armen wurde ein verfallenes Manufakturgebäude für Rumford’s neue Zwecke umgebaut und vergrößert: es erhielt Küche, Speisesaal, Backhaus und Werkstätten für Zimmerleute, Schmiede, Drechsler und andere Handwerker mit allen erforderlichen Einrichtungen zur Ausübung dieser Gewerbe. Eine andere Reihe von Räumen wurde für Weber aller Art, Tuchmacher, Tuchscherer, Färber, Sattler, Wollsortierer, auch für Wohnungen und Magazine beschafft. Das umfangreiche Gebäude erhielt den Namen „Militärisches Arbeitshaus“ und außen in großen Buchstaben die Aufschrift: „Hier wird kein Almosen gegeben.“ Es wurde zum Neujahrstage 1790 eröffnet und damit der Bettelei in München ein Ende gemacht.
Sein Armenhaus lieferte nicht bloß die Bekleidung der bayerischen Armee, sondern auch einen Jahresertrag, der sich in einer gewissen Periode auf 10.000 Gulden belief.
Seiner Kücheneinrichtungen, die nur einen verhältnismäßig geringen Aufwand an Brennmaterial erforderten, um das Mittagessen für tausend Personen zu kochen, durfte sich Rumford besonders rühmen. Seine zahlreichen Verbesserungen im Baue von holzersparenden Öfen, Kochherden und Sudwerken, sowie seine Ideen über Heizung Beleuchtung und Ventilation von Gebäuden wurden außer in Bayern auch in England und Irland mehrfach ausgeführt. Die von ihm aufgestellten Prinzipien zur Zubereitung günstiger nahrhafter und schmackhafter Speisen, namentlich Suppen, hatten allmählich ihren Weg in die Praxis gefunden und ihm ein dankbares Andenken in den unteren Volkskreisen Bayerns verschafft.
Ehren und Andenken.
Noch im Jahre 1790 hat der Kurfürst Karl Theodor seinen Kriegsminister Rumford zum Generalleutnant und Oberstinhaber des Artillerieregiments ernannt und zwei Jahre darauf zum Reichsgrafen mit dem Beinamen Rumford erhoben. Diesen Namen wählte er in freundlicher Erinnerung an das kleine Dorf Rumford, in dem er nach seinem Ausspruche die erste Gunst des Glücks erfahren hatte.
Graf von Rumford starb am 21. August 1814 in seinem Landhause zu Auteuil bei Paris. Das Andenken Rumford’s wird bis heute äußerlich durch drei Denkmäler erhalten: Zwei davon in München im Englischen Garten und in der Maximilianstraße. Das dritte auf seinem Grabe in Auteuil.
Quelle: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 643-657.
AUCH INTERESSANT
Der ewige Bund Bayern im Staatsbad König Ludwigs I.
Bad Brückenau. Nachdem der letzte Ausflug des ewigen Bundes in Bayern anlässlich eines Gedenkgottesdienstes zum Andenken an König Ludwig II., an den malerischen Würmsee führte, folgte man dieses Mal den Spuren König Ludwigs I., dem Großvater König Ludwigs II., ins schöne Unterfranken.
Die Walhalla.
Als den schönsten Festtag seiner langen Regierungszeit bezeichnet Ludwig selbst den Tag der Grundsteinlegung zur Walhalla. Am 2. Oktober 1808 hatte der Jüngling an Johannes Müller geschrieben: „Walhalla ist kein Werk für einen Kronprinzen, wäre zu kostspielig; soll ich einst König werden, errichte ich es!“
Die Zugspitze und der Eibsee.
Den westlichen Höhepunkt der oberbayrischen Alpen bildet der Wetterstein.
1702-1713. Der spanische Erbfolgekrieg. Graf Arko’s heldenmüthiger Tod.
Auf Spaniens Krone waren nun die Blicke aller europäischen Höfe gerichtet. Langsam siechte der kinderlose König dahin und man fühlte, daß er Thron und Leben bald verlassen werde. – Wer nun Erbe seiner Reiche werden würde, das war die Frage, deren Entscheidung, mochte sie fallen wie immer, einen blutigen Kampf entzünden mußte.
1864-1886. König Ludwig II.
Seine Majestät Ludwig II. Otto Friedrich Wilhelm von Bayern, wurde am 25. August 1845 auf Schloß Nymphenburg geboren. Er entsprang der Ehe zwischen König Maximilian II. und Prinzessin Marie von Preußen. Bereits als 18-jähriger Jüngling bestieg Ludwig in ernster Zeit den bayerischen Thron. Wie sein Vater, so glaubte auch er an eine Erneuerung des Deutschen Reiches …
Die Ruhmeshalle mit der Bavaria. (1843-1850)
Der Bau der Ruhmeshalle wurde auf Befehl König Ludwigs von L. v. Klenze im altdorischen Tempelstil aus Marmor des Untersbergs bei Salzburg ausgeführt und 1843 begonnen.
Dieser, nach dem Willen seines erhabenen Gründers, dem Ruhm ausgezeichneter Männer Bayerns gewidmete, Ehrentempel erhebt sich auf…