1. Johann Huß. (1415).
1. Lehre. Johann Huß, ein Tscheche, war Prediger zu Prag und zugleich Lehrer an der dortigen Hochschule. Durch seinen Freund Hieronymus lernte er die Schriften des Engländers Wykliff kennen, die von der Lehre der Kirche abwichen. Huß behauptete nun, einige Menschen seien zur Seligkeit, andere zur Verdammnis bestimmt, und gegen diese höhere Bestimmung vermöchten sie nichts. Sodann lehrte er, es gäbe kein sichtbares Oberhaupt der Kirche. Besonders eiferte er gegen die Lehre von der Ohrenbeichte, vom Fegefeuer und vom Ablaß. Auch forderte er, daß man den Laien beim Abendmahle den Kelch reiche. Der Papst verbot ihm das Predigen, tat ihn in den Bann und sprach über die Stadt Prag, die es mit Huß hielt und die Ablaßbulle unter dem Galgen verbrannt hatte, den Kirchenbann aus. Während desselben blieben die Kirchen verschlossen, die Glocken verstummten. Kein Geistlicher durfte den Toten zu Grabe folgen, und die Taufen und Trauungen mußten vor der Kirche im Freien vollzogen werden. – Zu der kirchlichen Bewegung kam noch eine nationale. Die deutschen Professoren waren Gegner des Huß. Huß wußte den König von Böhmen zu einer Bedrückung der deutschen Lehrer zu veranlassen. Darauf zogen diese mit ihren Studenten aus und gründeten 1409 die Universität Leipzig.
2. Konzil zu Konstanz. Huß wurde wegen seiner Lehre vor das Konzil zu Konstanz berufen. Der Kaiser gab ihm einen Geleitsbrief, worin er ihm seinen besonderen Schutz zusagte. In Konstanz verlangte man von Huß, er solle widerrufen. Er aber beharrte bei seiner Lehre und wurde deshalb für einen Ketzer erklärt. Die Ketzerei sah man damals zugleich als ein Staatsverbrechen an, auf dem die Todesstrafe stand. Auf einer Insel im Rhein wurde der Scheiterhaufen errichtet. Als die Flammen emporschlugen, sang Huß: „Christe, du Lamm Gottes, erbarm dich mein!“ bis der Rauch die Stimme des Sterbenden erstickte. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut. Ein Jahr darauf (1416) starb auch sein Freund Hieronymus an derselben Stelle den Feuertod.
3. Hussitenkrieg. 1419-1435. Wilder Zorn ergriff die Böhmen bei der Nachricht von dem Feuertode des Johann Huß. Ritter, Bauern, Handwerker scharten sich zusammen und forderten den Kelch beim Abendmahle zurück. Zu ihrem Anführer wählten sie den wilden Ziska (d.h. der Einäugige). In ihren Fahnen flatterte das Bild des Kelches, und dem Zuge voran ging ein Priester mit dem Kelche in der Hand, 1419 drangen sie ins Prager Rathaus und stürzten 13 Ratsherren zum Fenster hinaus, weil diese Befehle gegen ihre Versammlungen erlassen hatten. Dann plünderten sie Kirchen und Klöster und verübten furchtbare Grausamkeiten an den Katholiken. Den Kaiser Sigismund wollten sie als König von Böhmen nicht anerkennen, weil er wortbrüchig geworden sei. Er schickte mehrere Heere gegen sie, aber diese konnten nichts anrichten. Mit Sensen, Keulen, Dreschflegeln und Lanzen bewaffnet,durchzogen die Hussiten Böhmen, Bayern und Franken und verwüsteten alles Land ringsumher. Später kam ein Vertrag zustande, wonach die Hussiten Sigismund als König anerkannten, während ihnen der Kelch beim Abendmahle zugestanden wurde.
2. Die Kirchentrennung.
1. Ablaß. In den ersten Jahrhunderten ging die Kirche gegen solche ihrer Mitglieder, die in grober Weise die Gebote Gottes übertreten hatten, mit großer Strenge vor. So z.B. gestatte sie ihnen nicht, am öffentlichen Gottesdienste teilzunehmen. Nur am Eingange der Kirche durften sie, mit einem Büßergewande angetan, stehen und die Fürbitte der Vorübergehenden anflehen. Solche Bußübungen dauerten oft Monate, ja jahrelang. Zeigte der Büßer aufrichtige Reue, so wurde die Strafe zuweilen abgekürzt oder gemildert, indem die Bußübung in gute Werke verwandelt wurde. Dieser Ablaß geschah durch den Bischof. Anfangs kam ein solcher Ablaß seltener, später häufiger vor. Wer solchen Ablaß begehrte, der mußte sich den Bußübungen nicht nur mit Eifer hingeben, sondern er zahlte gewöhnlich auch noch eine freiwillige Geldsumme zu frommen Zwecken, z.B. zum Bau einer Kirche. Für den Ablaß wurde später ein besonderer Zettel ausgestellt, der Ablaßzettel. Manche hatten aber eine ganz irrige Meinung von dem Ablaß. Sie glaubten nämlich, durch die eingelösten Ablaßzettel sei nicht nur die Bußübung,sondern die Sündenschuld selbst erlassen.
2. Johann Tetzel. Im Anfange des 16. Jahrhunderts schrieb Papst Leo X. einen vollkommenen Ablaß aus. Dieser war für alle Glieder der Kirche bestimmt, die nach würdiger Beichte und Kommunion eine ihren Kräften entsprechende Gabe zur Vollendung der prächtigen Peterskirche in Rom beisteuerten. Mit der Verkündung des Ablasses im nördlichen Deutschland beauftragte der Erzbischof von Mainz die Dominikaner-Mönche. An ihrer Spitze stand Johann Tetzel. Dieser erhielt den Auftrag, den Ablaß in Sachsen zu verkünden.
3. Dr. Martin Luther. Tetzel kam auch in die Nähe von Wittenberg. In dieser Stadt lebte um diese Zeit der Augustiner-Mönch Dr. Martin Luther. Er war am 10. November 1483 zu Eisleben geboren, hatte in Erfurt studiert, die Würde eines Magisters erlangt und war ohne Wissen seines Vaters in das Augustiner-Kloster zu Erfurt eingetragen. Im Jahre 1508 hatte ihn Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen, zum Lehrer an die neugegründete Hochschule nach Wittenberg berufen. Gegen die falsche Auffassung vom Ablaß wandte sich Luther in 95 Sätzen, die er am 31. Oktober 1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg anschlug. Es war damals unter den Gelehrten üblich, daß sie auf diese Weise einluden, wenn sie über strittige Fragen mit ihren Gegnern öffentlich disputieren wollten. Die Sätze waren in lateinische Sprache geschrieben. In kurzer Zeit verbreiteten sie sich über ganz Deutschland und riefen eine große Zahl Streitschriften hervor. Als in der Folge Luther in seinen Schriften von vielen Lehren der Kirche abwich, und die Zahl seiner Anhänger wuchs, ließ ihn der Papst zum Widerruf auffordern. Da sich Luther aber weigerte, sprach der Papst den Bann über ihn aus. Doch Luther zog, begleitet von einer Schar Studenten, vor das Elstertor in Wittenberg, ließ ein Feuer anzünden und warf die päpstliche Bannbulle in die Flammen. Dadurch sagte er sich für immer vom Papste los.
4. Reichstag in Worms. Da die Aufregung, die Luthers Thesen und Lehren im Volke hervorriefen, immer größer wurde, so berief der Kaiser Karl V. 1521 einen Reichstag nach Worms. Hierher wurde auch Luther beschieden, damit er sich vor Kaiser und Reich verantworte. Als er vor dem Throne des Kaisers stand, fragte man ihn, ob er seine Ansichten widerrufen wolle oder nicht. Luther bat sich einen Tag Bedenkzeit aus. Dieser ward ihm auch bewilligt. Am anderen Tage trat er wieder in den Saal und verteidigte seine Lehren in einer zweistündigen Rede. Von Widerruf wollte er nichts wissen. Der Kaiser, der fest entschlossen war, die Lehre Luthers auszurotten, sprach daher über Luther die Reichsacht aus. Zur Rückreise bewilligte er ihm jedoch freies Geleit auf 21 Tage.
5. Auf der Wartburg. Als sich Luther auf der Rückreise befand, ließ ihn Kurfürst Friedrich der Weise heimlich auf die Wartburg in Thüringen bringen. Weder Freund noch Feind wußte von seinem Aufenthalt dort. Viele glaubten, er sei tot. Er aber begann auf der Wartburg die Bibel in die deutsche Sprache zu übersetzen. Luther bediente sich dabei der Sprache der sächsischen Kanzlei. Sie wurde durch ihn die herrschende in Deutschland und verdrängte bald alle anderen Mundarten aus der Schriftsprache.
6. Bilderstürmer. Als er etwa ein Jahr auf der Wartburg war, erhielt er die Nachricht, daß sein Freund und Amtsgenosse Karlstadt so weit ging, mit seinem Anhange die katholischen Geistlichen zu vertreiben und Heiligenbilder und Altäre zu vernichten. Da eilte er nach Wittenberg und predigte acht Tage lang so eindringlich gegen Karlstadt und seine Anhänger, daß diese die Stadt verlassen mußten.
7. Der Bauernkrieg. Die Not der Bauern war noch gewachsen. Die Gutsherrschaft hatte Dienste und Lasten gesteigert und dem Bauer den letzten Rest von Freiheit genommen. Schon im 15. Jahrhundert hatten sich die Bauern empört und versucht, ihr Joch zu erleichtern. Erfolg hatten sie nicht. Im Jahre 1524 kam es zu einem neuen Aufstand, der im Schwarzwald begann und sich über Franken und Thüringen fortpflanzte. Ritter, wie Florian Geyer und Götz von Berlichingen, schlossen sich den Aufständischen an. Die Bauern forderten freie Wahl der Priester, freie Jagd, Fischerei und Holzung, Abstellung des Wildschadens, Aufhebung der Leibeigenschaft, Erleichterung der Frondienste und gerechtes Gericht. Das waren gemäßigte Forderungen. Als aber Schwärmer wie Thomas Münzer in Mühlhausen an die Spitze des Aufruhrs traten, zogen die bewaffneten Haufen sengend und brennend im Lande umher. Überall, wohin sie kamen. vertrieben sie die Fürsten und richteten Gütergemeinschaften ein.
Luther, der anfänglich zum Frieden geraten hatte, forderte jetzt die Fürsten auf, mit dem Schwerte dreinzuschlagen und kein Erbarmen mir den räuberischen und mörderischen Bauern zu haben. Bald zogen der Kurfürst von Sachsen, der Landgraf von Hessen u. a. Fürsten mit ihren Scharen nach Thüringen, wo Thomas Münzer mit seinem Anhange arg gehaust hatte. Bei Frankenhausen kam es (1525) zum Kampfe. Die betörten Bauern, die singend und betend den Beistand der himmlischen Heerscharen erwarteten, waren von den krieggeübten Söldnern der Fürsten bald besiegt. Münzer flüchtete nach Frankenhausen und hielt sich in einem Bette versteckt. Er wurde jedoch gefunden und nach Mühlhausen gebracht, wo er bis zum Wahnsinn gefoltert und dann mit 25 Genossen hingerichtet wurde. Die traurige Lage der Bauern wurde nicht verbessert, an manchen Orten sogar noch verschlechtert.
8. Die Wiedertäufer. Während Luther auf der Wartburg saß, waren in Wittenberg Leute aufgetreten, die lehrten: man dürfe nicht die Kinder, sondern nur Erwachsene taufen. Sie tauften deshalb die Leute, die bei ihnen aufgenommen werden wollten, noch einmal; daher nannte man sie Wiedertäufer. Als nun Luther plötzlich in Wittenberg erschien, mußten sie die Stadt verlassen. Aber etwa zehn Jahre später sammelten sie sich besonders in Münster. Hier fanden sie solchen Anhang, daß sie den Bischof und die Geistlichkeit vertrieben . Viele der Wiedertäufer waren aus Holland, wo sie nicht geduldet wurden, hierhergekommen. Unter diesen war auch ein Schneider aus Leyden, Johann Bockolt, gewöhnlich Johann von Leyden genannt. Dieser gab sich für einen Propheten aus. Sein Anhang vermehrte sich von Tag zu Tag.
Bald aber erschien der Bischof von Münster mit einem Heere und schloß die Stadt ein, die binnen kurzem ausgehungert war und sich ergeben mußte. Johann von Leyden wurde gefangen und ein Jahr lang mehreren Städten zur Schau ausgestellt, dann aber auf dem Marktplatze in Münster mit glühenden Zangen langsam zu Tode gemartet.
9. Die religiöse Spaltung des deutschen Volkes. Die Lehre Luthers gelangte in Mittel- und Norddeutschland zur Einführung. Die Fürsten ließen das stillscheigend geschehen oder gaben wohl selbst die Anregung dazu, wie der Landgraf Philipp von Hessen. Auch Brandenburg, Sachsen, Dänemark, Norwegen und Schweden wurden evangelisch, während Österreich und Bayern katholisch blieben. Dadurch war die Bevölkerung Deutschlands in religiösen Dingen gespalten.
Fast gleichzeitig mit Luther rief in der Schweiz Huldreich Zwingli, Pfarrer in Zürich, eine religiöse Bewegung hervor. Die Lehre Zwinglis breitete sich in der Schweiz immer mehr aus, Die Kantone Schwyz, Uri, Unterwalden, Luzern und Zug widersetzten sich der neuen Lehre und verbannten sogar einige Prediger der Zwinglischen Lehre. Bald entstand ein blutiger Kampf zwischen den reformierten und katholischen Kantonen. Bei Kappel kam es zur Schlacht. Die Züricher erlitten eine Niederlage, und Zwingli selbst, der das Banner der Stadt trug, wurde erschlagen. (1531) In dem bald darauf folgenden Frieden wurde festgesetzt, daß es jedem Kantone freistehe, seine kirchlichen Angelegenheiten selbst zu ordnen. – Später setzte Johann Calvin in Genf das Werk Zwinglis fort. Seine und Zwinglis Anhänger nennt man Reformierte, während die Anhänger Luthers Lutheraner genannt werden.
3. Karl V. (1519-1556) und der Schmalkaldische Krieg (1547).
1. Karl V. Wahl. Nach dem Tode Maximilians bemühten sich zwei Ausländer, der König Franz I. von Frankreich und Karl von Spanien, ein Enkel Maximilians, die Stimmen der Kurfürsten für sich zu gewinnen. Lange schwankten die Wähler. Kurfürst Friedrich der Weise gab den Anschlag für Karl, der 1519 als Karl V. in einem Alter von 19 Jahren der Thron bestieg. Er war der mächtige Fürst seiner Zeit, und in seinem weiten Reiche, das sich auch über einen großen Teil Südamerikas erstreckte, ging, wie er selbst sagte, die Sonne nicht unter.
2. Seine auswärtigen Kriege. Karl V. geriet bald mit Franz I. in langjährige Kriege, da beide Ansprüche auf Burgund und Mailand erhoben. Franz wurde von den deutschen Landsknechten unter Georg von Frundsberg aus Italien vertrieben und bei einem zweiten Einfall in die Lombardei bei Pavia geschlagen und gefangen genommen. Er mußte auf Burgund und Mailand verzichten. Nach seiner Freilassung begann er den Krieg von neuem und erlangte die Hilfe der Türken. Diese fielen in Ungarn und Böhmen ein und kamen sogar bis Wien, belagerten die Stadt, konnten sie aber nicht einnehmen. Schießlich wurden sie nach Ungarn zurückgedrängt. Des Kaisers Erfolge in Frankreich führten endlich den Frieden herbei, in dem Franz für immer auf Italien und Karl auf Burgund verzichtete.
3. Die Reichstage zu Speyer und Augsburg. Als eifriger Anhänger der katholischen Kirche erklärte Karl V. den deutschen Fürsten auf dem Reichstage zu Worms, daß er entschlossen sei, alle seine Reiche, Freunde, Leib und Leben dahin zu verwenden, daß der deutschen Nation die katholische Religion erhalten werde. Wegen seiner Kriege mit Frankreich konnte sich der Kaiser jedoch nicht viel um den Fortgang der Reformation kümmern. Als diese aber immer weiter um sich griff, hielt er 1529 zu Speyer einen Reichstag ab, auf dem die katholischen Fürsten beschlossen, daß die Evangelischen in Religionssachen sich aller Neuerungen enthalten sollten. Die evangelischen Fürsten von Hessen, Kursachsen, Lüneburg und Anhalt sowie 14 Reichsstädte protestierten gegen diesen Beschluß, und so erhielten fortan alle, die der Reformation zugetan waren, den Namen Protestanten. Auf dem im nächsten Jahre (1530) in Augsburg abgehaltenen Reichstage überreichten die Protestanten das von Philipp Melanchthon, einem Freunde Luthers, verfaßte Glaubensbekenntnis (Augsburgische Konfession). Darin war in 28 Artikeln in milden Worten dasjenige, worin man mit den Katholiken übereinstimme und worin man abweiche, klar gelegt worden.
4. Schmalkaldischer Bund. Nürnberger Religionsfriede. Der Kaiser ließ eine Widerlegung der Augsburgischen Konfession anfertigen und forderte die Fürsten auf, zum katholischen Glauben zurückzukehren. Infolgedessen schlossen die protestantischen Fürsten den Schmalkaldischen Bund. Als dann aber zu dieser Zeit die Türken Wien bedrohten, bewilligte der Kaiser den Protestanten, um ihres Beistandes sicher zu sein, den Nürnberger Religionsfrieden. (1532) Darin wurde festgesetzt, daß bis zur nächsten Kirchenversammlung keiner seines Glaubens wegen behelligt werden solle.
5. Konzil zu Trient. 1545-1563. Die katholische Kirche verlor durch Luthers Lehre nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern viele Mitglieder. Um sie nun neu zu beleben und vor weiterem Abfall zu bewahren, berief der Papst auf dringenden Wunsch des Kaisers des Konzil zu Trient. Hier wurden die Hauptlehren der katholischen Kirche noch einmal bestimmt festgestellt und in einer kurzen Glaubensformel zusammengefaßt. Diese trägt den Namen „das Tridentinische Glaubensbekenntnis“. Auch wurden hier mancherlei Mißbräuche abgeschafft, die sich in der Kirche eingeschlichen hatten, und mancherlei Gesetze und Vorschriften zur Förderung der katholischen Kirche gegeben.
6. Schmalkaldischer Krieg. (Schlacht bei Mühlberg 1547) Auch die protestantischen Fürsten waren zu dem Konzil in Trient eingeladen. Aber sie erschienen nicht, weil sie eine „unparteiische“ Kirchenversammlung wollten. Auch den Reichstag zu Regensburg, den der Kaiser 1546 abhielt, besuchten sie nicht. Da sprach der Kaiser über die Häupter des Schmalkaldischen Bundes, den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und den Landgrafen Philipp von Hessen, wegen Hochverrats die Acht aus und suchte sie mit den Waffen zum Gehorsam zu zwingen. Bei Mühlberg a.E. kam es 1547 zur Schlacht. Das Heer des Kaisers stand auf dem linken, das des Kurfürsten auf dem rechten Ufer der Elbe. Da kam ein Bauer zu dem Kaiser und zeigte eine Furt durch die Elbe, um sich dadurch an den Kurfürstlichen, die ihm zwei Pferde gestohlen hatten, zu rächen. Unter dem Schutze des Frühnebels setzten die Kaiserlichen an einem Sonntage durch den Fluß. Der Bauer führte das Pferd des Kaisers am Zügel, und jeder der kaiserlichen Reiter nahm einen Fußknecht mit sich hinten aufs Pferd. Der Kurfürst war gerade in der Kirche. Hier erfuhr er, daß der Kaiser gegen ihn im Zuge sei; dennoch wartete er, bis der Gottesdienst zu Ende war. Dann bestieg er einen Wagen und fuhr auf die Lochauer Heide hinaus. Gleich beim ersten Ansturm ergriffen seine Reiter die Flucht. der Kurfürst verließ seinen Wagen, bestieg ein Pferd und jagte davon. Bald aber holten ihn ungarische Husaren ein und nahmen ihn, nachdem sie ihn durch einen Hieb ins Gesicht stark verwundet hatten, gefangen.
Mit blutigen Gesicht und Panzer kam er zum Kaiser, kniete vor ihm und redete ihn an: „Allergnädigster Kaiser!“ „So?“ entgegnete Karl, „bin ich nun Euer gnädigster Kaiser? So habt Ihr mich lange nicht geheißen!“ Da sagte der Kurfürst: „Ich bin Ew. Kaiserlichen Majestät Gefangener und bitte um ein fürstliches Gefängnis.“ „Wohl,“ gab der Kaiser zur Antwort, „Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient,“ und ließ ihn ins kaiserliche Lager abführen.
Später wurde der Kurfürst zum Tode verurteilt, doch wagte der Kaiser nicht, das Urteil zu vollstrecken. Er verwandelte es in „ewige Gefangenschaft“, ließ aber den Kurfürsten 1552 wieder frei.
7. Luthers Tod. Im Jahre 1546, mitten unter den Wirren des Schmalkaldischen Krieges, machte Luther eine Reise nach Eisleben. Dort starb er nach kurzem Krankenlager. Seine Leiche wurde nach Wittenberg gebracht und dort in derselben Kirche beigesetzt, an deren Tür er einst die 95 Sätze geschlagen hatte.
Als nach der Schlacht bei Mühlberg Kaiser Karl V. als Sieger in Wittenberg, der Hauptstadt Kursachsens einzog, zeigte man ihm auch Luthers Grab in der Schloßkapelle, und einer der kaiserlichen Feldherren, der Herzog Alba, riet ihm, den Ketzer ausgraben und verbrennen zu lassen. Der Kaiser aber sprach: „Er bleibe in Ruhe! Ich führe nicht Krieg mit den Toten, sondern mit den Lebendigen.“
8. Herzog Moritz von Sachsen lebte mit seinem Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, häufig in Streit. Infolgedessen sagte er sich vom Schmalkaldischen Bunde los und schloß sich dem Kaiser an, der ihn bald zu seinem Lieblinge erkor und nach der Gefangennahme Johann Friedrichs bei Mühlberg mit dem Kurfürstentum Sachsen belehnte. Später wandte sich Moritz wieder seinen evangelischen Glaubensgenossen zu, zog mit einem Heere plötzlich gegen den Kaiser, der sich gerade krank und wehrlos in Innsbruck aufhielt, und zwang ihn zur Flucht. Noch in demselben Jahre (1552) kam zu Passau ein Vertrag zustande, worin bestimmt wurde, daß bis zum nächsten Reichstage niemand seiner Religion wegen beunruhigt werden solle. Drei Jahre später schloß der Kaiser mit den Protestanten den Religionsfrieden zu Augsburg. (1555) Dadurch erhielten die Protestanten völlige Religionsfreiheit und Rechtsgleichheit mit den Katholiken.
9. Karls Abdankung. Der Augsburger Religionsfriede hatte den Lieblingsplan Karls, die Einheit der Kirche aufrecht zu erhalten, vernichtet. Damit war sein Streben für seine irdische Machtstellung zu Ende. Da außerdem sein Körper von Gicht und anderen Leiden hart geplagt wurde, so beschloß er, der Regierung und der Welt zu entsagen und sein Leben in stiller Zurückgezogenheit zu beschließen. Daher übertrug er zu Brüssel seinem Sohne Philipp zuerst die Niederlande und etwas später auch Spanien, Neapel und die neuentdeckten Länder in Amerika. Die deutschen Länder erhielt sein Bruder Ferdinand. Dann begab er sich nach Spanien, wo er sich neben dem Kloster San Yuste ein Landhaus hatte erbauen lassen. Er starb 1558. (Gedicht der Pilgrim von St. Just.)
Quelle: Bayerisches Realienbuch. Bearbeitet von Dr. Hans Reinlein, Oberlehrer in München Realienbuch Nr. 63, 171. bis 180. Gesamt-Auflage. Bielefeld und Leipzig 1915, Seiten 66-72.