1318-1339. Niederbayern unter Heinrich XIV., Otto IV. und Heinrich XV.
Die Regierung der beiden Herzöge Heinrich XIV.und Otto IV. war nichts weniger, als eine glückliche. Auf ihrem Lande lag in Folge der vielen Kriege eine große Schuldenlast, welche durch die gewöhnlichen Einnahmen des Landes nicht zu tilgen war. Sie kündigten deshalb eine Klauen- oder Viehsteuer an, die auch auf den Besitz der Geistlichkeit und der Klöster ausgedehnt werden sollte. Dieses Unterfangen zog den Herzögen den Bann und ihrem Lande das Interdikt zu, welche Strafen erst wieder aufgehoben wurden, nachdem die Herzöge auf einer Reichsversammlung zu Regensburg (1324) das Versprechen gegeben hatten, daß sie die Geistlichkeit und ihre Leute nie wieder einer allgemeinen Steuer unterwerfen würden. Ehe noch dieses Zerwürfniß mit der Kirche seine Beilegung gefunden, war Heinrich XIV. mit seinem Bruder Otto IV. und seinem Vetter Heinrich XV. über die Verwaltung des Landes in Streit gerathen, der eine völlige Anarchie herbeizuführen drohte. Da legten sich die Stände in’s Mittel und führten eine Versöhnung herbei; zugleich ernannten sie einen Ausschuß von sechzehn Mitgliedern aus ihrer Mitte, welche dem schlechten Haushalte der Herzöge aufhelfen sollten. Binnen kurzer Zeit war ein großer Theil der Schuldenlast getilgt und der Verwaltung des Landes eine Wendung zum Guten gegeben.
Da einige Zeit später Heinrich XIV. über die jüngeren Herzöge sich vieles anmaßte, klagten diese bei ihrem Verwandten, dem deutschen König Ludwig IV., und erwirkten durch ihn (1331) eine Theilung. Sie regierten aber auch nach der Theilung keineswegs zu ihrer und des Landes Wohlfahrt. Heinrich XIV., seit 1322 mit Margaretha, der Tochter des Königs Johann von Böhmen, vermählt, verließ (1331) die Partei Ludwigs IV. und trat auf die seines Schwiegervaters, des Böhmenkönigs Johann (1311-1326), der sich plötzlich an den Papst angeschlossen hatte, weil in Aussicht stand, daß nach dem Sturze Ludwigs die deutsche Königskrone seinem Hause zufallen werde. Daher kam es (1332) zwischen Heinrich XIV. und dem Könige Ludwig, der den jüngeren Herzögen von Niederbayern gegen ihren Bedrücker Heinrich XIV. zu Hilfe zog, zu einem argen Zusammenstoße, dem erst die Vermittlung des Böhmenkönigs Johann ein Ende machte. Die drei niederbayerischen Herzöge hoben die im Jahre 1331 getroffene Theilung wieder auf und regierten miteinander bis zum 18. Juni 1333, wo Heinrich XV., der Natternberger, in Folge eines unglücklichen Sprunges starb.
Unmittelbar vor diesem Todesfalle hatte sich zwischen dem König Ludwig und Heinrich XIV. ein solch freundschaftliches Verhältniß gebildet, daß Ludwig, hauptsächlich durch die erfolglosen Unterhandlungen mit dem Papste, mit Philipp VI. von Frankreich und Johann von Böhmen vermocht, zu Gunsten Heinrichs XIV. eine Verzichtleistung auf die deutsche Krone ausstellte (19. November 1333), welche mit der Lösung des über Ludwig verhängten Bannes in Kraft treten sollte. In Folge dieses Verzichtes betrachtete Heinrich XIV. seine Erhebung auf den deutschen Thron für so gewiß, daß er bereits dem Könige Philipp VI. von Balois, dem er sich in dieser Sache zu Dank verpflichtet wähnte, vom arelatensischen Königreiche alles Land zwischen Saone und Rhone einerseits und von den Alpen bis an’s Mittelmeer anderseits gegen Wiedereinlösung von 300.000 Mark Silber abzutreten sich anheischig machte. Die Sache kam zu den Ohren Ludwigs, der augenblicklich seine Gesinnung änderte und die Verzichtleistung auf den deutschen Thron zurücknahm.
Am 14. Dezember 1334 starb Heinrichs XIV. Bruder, Otto IV., nachdem er kurz vor seinem Ende mit Verletzung der bestehenden Hausordnung den König Ludwig zum Erben seines Gebietes eingesetzt hatte. Heinrich XIV. war hierüber höchst betroffen und wurde dies noch mehr, als König Ludwig IV. Kärnthen und Tyrol, die Güter des (4. April 1335) verstorbenen Herzogs Heinrich von Kärnthen*), nicht an das mit dem Erblasser verwandte Haus Böhmen-Luxemburg verlieh, welches ein darauf bezügliches Versprechen erlangt zu haben vorgab, sondern den nördlichen Theil Tyrols vorläufig für sich behielt und mit Kärnthen und dem südlichen Theil Tyrols die österreichischen Herzöge Albrecht den Weisen und Otto den Kühnen, Söhne des gemordeten Königs Albrecht, belehnte (2. u. 3. Mai 1335). Ob dieser Verkündung Ludwigs des Bayern kam es im Jahre 1336 in Niederbayern zu einer großen Truppenaufstellung von Seiten Ludwigs und Johanns von Böhmen, welch letzteren sein Schwiegersohn Heinrich XIV. unterstützte. Ein entscheidendes Treffen fiel nicht vor, aber das niederbayerische Gebiet zwischen der Isar und dem Inn wurde schrecklich verheert, bis im Spätherbste beide Armeen auseinander gingen. Vermöge des Friedensvertrages, der kurz vorher (9. Oktober 1336) zu Stande gekommen war, erhielten die österreichischen Herzöge den größeren Theil Kärnthens und die March, König Johann von Böhmen erhielt für seinen Sohn Johann Heinrich einen bisher zu Kärnthen gehörigen Distrikt an der Donau und für sich die Stadt Znahm und 10.000 Goldgulden; Ludwig IV. ging leer aus, ja es wurde ihm nicht einmal die Kosten für die den Österreichern geleistete Hilfe vergütet.
Im Frühjahre 1337 zog Heinrich XIV. mit seinem Schwiegervater Johann von Böhmen den Deutschherren Preußens gegen die heidnischen Lithauer zu Hilfe. Heinrich legte zwischen Tilsit und Kowno am linken Ufer der Memel (nahe bei Gilgudiski) eine feste Burg, die Bayerburg, an als einen Stützpunkt für künftige Unternehmungen und Sitz eines zur Bekehrung der Lithauer zu errichtenden Erzbisthums, wozu Ludwig der Bayer (12. Dezember 1337) die Bestätigungs-Urkunde gab. Der ganze Kriegszug hatte sonst keine nachhaltigen Folgen, und um die Mitte Juni 1337 war Heinrich bereits wieder nach Niederbayern zurückkehrte.
*) S. Die genealogische Tafel der Grafen von Görz (Tyrol-Kärnthen) in den Beilagen unter Ziffer 57.
Quelle: Lehrbuch der bayerischen Geschichte für Gymnasien und zum Selbstunterricht bearbeitet von Kr. By. Sattler München, 1868. J. Lindauer’sche Buchhandlung, Seite 119-123.