1353-1375. Ober- und Niederbayern unter Stephan II.
Stephan II. (1353-1375), der einzige von den Söhnen Ludwigs des Bayern, dessen Geschlecht sich längere Zeit hindurch erhalten hat, war bei der im Jahre 1353 vorgenommenen Landestheilung mit Niederbayern-Landshut bedacht worden. Die Ruhe in diesem Theile Bayerns wurde zunächst durch den Kaiser Karl IV. gestört, der (1355) die bischöflich regensburgische Herrschaft Donaustauf ohne Wissen und Zustimmung der niederbayerischen Herzöge in Besitz nahm und sich durch die Verrätherei des bayerischen Edlen Peter von Eck des festen Schloßes Stauf bemächtigte, welches der Witwe eines Regensburger Kaufmanns, Ruger Reich, von dem Regensburger Bischofe Friedrich als Pfand für ein Darlehen (von 11.835 Gulden) überlassen war. Kaum war Stephan II. und sein Bruder Albrecht I. von Niederbayern-Straubing mit Kriegsleuten aufgebrochen, um den Verräther Peter von Eck in seiner Veste Natternberg gefangen zu nehmen (1356), so rüstete der Kaiser und kam dem Eingeschlossenen (im April 1357) zu Hilfe. Ein Vergleich, den Gesandte des Herzogs Albrecht II. von Österreich vermittelten, setzte fest, daß Peter von Eck die Veste Natternberg an die niederbayerischen Herzöge abzutreten habe (1357).
Unmittelbar nach Abschluß dieses Vergleiches gerieth Herzog Stephan II. in eine Fehde mit dem Erzbischof Ortolf von Salzburg und dessen Bruder, dem Bischof Gottfried II. von Passau, welche dem Ausbau der zwei festen Schlösser Lichtenau und Dornberg entgegentraten und diese, als Worte nicht fruchteten, anzünden und dem Boden gleich machen ließen. Aus Rache verbrannte Stephan II. und Heinrich Tuschl, ein reicher Gutsbesitzer im Rotthal, mehrere dem bischöflich gesinnten Freiherrn von Abensberg gehörigen Burgen und Dörfer (darunter die Hofmark Ering), wogegen dieser zwischen Abensberg und Landshut entsetzliche Verheerungen anrichtete, bis zu Passau (14.Juni 1358) durch Ludwig den Brandenburger und Herzog Albrecht II. von Österreich, die dort die nahe bevorstehende Hochzeit ihrer Kinder, Mainhard und Margaretha, besprachen, der Friede hergestellt wurde.
Nach dem kinderlosen Ableben Mainhards von Oberbayern und Tyrol († 1363) fiel Stephan II. als dem ältesten Prinzen des bayerisch-wittelsbach’schen Hauses Oberbayern zu, dessen Stände ihm zu Freysing (26.Februar 1363) huldigten. Tyrol, an dessen Erwerbung ihm ganz besonders gelegen war, mußte er an den österreichischen Herzog Rudolph IV. und seine Brüder (Leopold III. und Albrecht III.) übergehen sehen, weil es Kaiser Karl IV., der Schwiegervater Rudolfs IV., so wollte. Dessen ungeachtet versagte Stephan II. dem Kaiser seinen Beistand nicht, als dieser (1368) gegen Barnaba Visconti, den Herrn von Mailand, einen Zug unternahm. Stephan III. und Friedrich, die älteren Söhne des Bayernherzogs, nahmen an dem Zuge Theil und stellten zwischen dem Kaiser und Barnaba den Frieden her. Zum großen Vertruße Stephans II. ging auch Brandenburg und die Niederlausitz trotz der Huldigung, welche (1373) seinem Sohne Friedrich in der Mark Brandenburg geleistet worden war, für sein Haus verloren, weil der unersättliche Karl IV. auch hier seine Hand im Spiel hatte und es einzurichten verstand, daß Stephans II. Bruder, Otto V., die Niederlausitz und die Mark Brandenburg, letztere mit Vorbehalt der Kurwürde, an die kaiserlichen Söhne Wenzel, Siegmund und Johann (1373) abtreten mußte. Um das hierbei begangene Unrecht einigermaßen gut zu machen, verlieh Karl (1. Oktober 1374) Stephan III. und Friedrich, den älteren Söhnen Stephans II., die Landvogtei im Elsaß, welche bisher die Herzöge Albrecht III. und Leopold III. von Österreich besessen hatten, und dem Herzoge Friedrich noch insbesonders die Landvogtei über ganz Schwaben.
In dieser Eigenschaft zog Friedrich gegen die Augsburger, welche die Unfälle Bayerns wiederholt zu verheerenden Zügen in dieses Land benützt und die Stadt Friedberg nebst zwanzig Dörfern verbrannt und deren Bewohner ausgeplündert hatten. Stephans II. Bisthum Konrad Freyberger und der Ritter Jakob Pütrich führten die bayerischen Truppen gegen Augsburg und brachten dieser Stadt und ihrer Umgebung großen Schaden bei, bis der Patriarch Aquileja (am 4. Juli 1375) einen Waffenstillstand herbeiführte. Für die Herstellung und Erhaltung des inneren Friedens war Herzog Stephan II. selbst thätig gewesen, indem er der niederbayerischen Landschaft am 25. November 1374 einen Freiheitsbrief (der zwölfte seit der ersten Landestheilung) einhändigte, welcher die Fehden und Mordbrennereien des Adels verpönte und daher Brandbrief hieß.
Herzog Stephan II. starb am 10.Mai 1375 mit Hinterlassung von drei Söhnen, Stephan III., Friedrich und Johann II., die ihm seine zweite Gemahlin, Margaretha, des Burggrafen Johann II. von Nürnberg Tochter (†1377), geboren hatte. Seine erste Gemahlin, Elisabeth, des Königs Friedrich von Sizilien Tochter, war am 21. März 1349 gestorben. Die Leiche Stephans II. wurde in Klosterkirche Seligenthal beigesetzt *).
*) Arnpeckh schreibt auf sein Grabmal: „daß er Tyrol verloren und Brandenburg seinem Hause nicht erhalten, dagegen Oberbayern und Niederbayern wieder vereinigt habe.“ Viel Tadel und wenig Lob!
Quelle: Lehrbuch der bayerischen Geschichte für Gymnasien und zum Selbstunterricht bearbeitet von Kr. By. Sattler München, 1868. J. Lindauer’sche Buchhandlung, Seite 171-173.