Ein Königspalast in München.
Der Bau des Wittelsbacher Palastes, an der Briennerstraße und am Eck der Türkenstraße gelegen, wurde nach den Plänen und Direktiven des Baumeisters Friedrich von Gärtner im Jahre 1843 begonnen. Das im mittelalterlich – englischen Baustil mit hohen Spitzbogenfenstern im I. und II. Stock konzipierte Gebäude ist versehen mit hervortretenden Pavillons auf der Süd-, Ost- und Westseite, sowie mit achteckigen Türmen mit Zinnen an den vier Ecken. Der Palast hat ohne diese Vorsprünge eine Frontlänge (auf der Südfront) von 210 Fuß, und eine Tiefe von 225 Fuß. Der innere Hofraum, 120 Fuß tief und 94 Fuß breit, ist im Erdgeschoss mit offenen Arkadengängen und im I. und II. Stock mit großen, in Werkstein ausgeführten Bogenfenstern versehen. Vor dem Palast befindet sich ein großer, mit Kastanienbäumen bepflanzter Vorgarten. Links und rechts des großen Haupttores sind Seitentüren für Fußgänger. Auf Piedestalen1 stehen links und rechts die beiden von Halbig modellierten und in Sandstein ausgeführten sitzenden Löwen (die Wappentiere des Hauses der Wittelsbacher).
Unter dem Balkon des südlichen Mittelbaus, oberhalb der Torpartie, sind nach der Konzeption Schwanthalers die von Halbig gefertigten, auf das Burgleben Bezug nehmenden Reliefs angebracht, in deren mittlerer Partie die Köpfe von Gärtners und einiger ihm behilflich gewesenen Persönlichkeiten zu sehen sind.
Die Räume.
Von der Einfahrt gelangt man in die große, mit vier Säulenpfeilern und reich gerippten Gewölben versehene Vorhalle, deren mittlere Partie die Hauptdurchfahrt in den großen Hofraum darstellt. Links des Vestibulums2 ist die große, in Holz konstruierte, reich verzierte und mit Oberlicht versehene Haupttreppe angelegt, welche in das I. und II. Stockwerk führt. Auf der rechten Seite des Vestibulums befindet sich der Personenaufzug in die beiden oberen Etagen. Die Erdgeschossräumlichkeiten des südöstlichen Flügels sind für die Apartments des Erbprinzen mit den Räumlichkeiten für die Dienerschaft und den sonstigen wirtschaftlichen Räumen bestimmt.
Oberhalb dieser Räume befindet sich ein Entresol3 für Dienerschaft, Garderoben und sonstige Diensträume. Im Souterrain des östlichen Flügels sind die Lokalitäten für die Leinwandkammer und Zubehör; unterhalb dieses Unterbaus befinden sich die gewölbten Kellerräume. Der südwestliche Flügel nimmt im Erdgeschoss zunächst die Wohnung des Portiers, sodann anschließend hieran längs der Türkenstraße fortziehend, die Konditorei mit Zubehör ein. Die große Küche (Gardemanger), Vorratsräume und Silberkammer, sowie der nordwestliche Turm im Souterrain mit großem Eiskeller schließen sich an. Das ganze Bauwerk ist mit großen gewölbten Kellern versehen. Die Apartments der königlichen Hoheiten, in allen Etagen gegen Osten, also der Gartenseite zu gelegen, samt den Vorsälen sowie die auf der Westseite befindlichen großen Festsäle, sind allesamt beheizbar. Die erforderlichen Öfen befinden sich im Keller des Wittelsbacher Palastes. Das Parterre des nordöstlichen Turmes war ursprünglich für den Billardsalon, der anstoßende, in den Garten führende Raum für das Kneipplokal bestimmt. In der ersten Etage befand sich die südöstliche Partie für die Apartments der Frau Kronprinzessin; in der zweiten Etage waren die baugleichen Räumlichkeiten für den Kronprinzen ausersehen.
In der westlichen Partie des ersten Stockes befinden sich die Festsäle mit dem großen, zwei Etagen einnehmenden Tanzsaal. Im zweiten Stock sind die Gastzimmer und die Wohnung der Frau Obersthofmeisterin zu finden. Die Wohnräume für den Hofmarschall, die Hofdamen, Kammerfrauen, sowie für die übrigen Bediensteten nimmt der Nordflügel mit seinen Haupt- und Entresol-Etagen ein. Für die bequeme Erreichbarkeit ist durch eine Menge von Nebentreppen Sorge getragen. Den zahlreichen Bedürfnissen des Hofstaates wurde mit zahlreichen Anlagen etc. im ganzen Bauwerk in der umfassendsten Weise Rechnung getragen. Im Herbste des Jahres 1843 wurde mit dem Rohbau begonnen und im selben Jahre die äußere ganze Umfassungsmauer, sodann die innere Hofabschlussmauer bis auf eine Höhe von sieben Fuß von Fundamentboden aus hergestellt; im Jahre 1844 kam das gesamte Bauwerk unter Dach. Der ganze Bau wurde bis in seine Einzelheiten nach den von der Bauleitung vorgegebenen und von den einschlägigen Persönlichkeiten des kronprinzlichen Hofstaates abgegebenen Verzeichnissen und Direktiven angelegt und durchgeführt.
Die Kosten.
Die Ansprüche der Wittelsbacher Bauherren waren nicht gerade bescheiden. Der Ankauf des Grundareals nebst Gartenanlage schlug ca. 227,000 fl. (Gulden) zu Buche, für die Einrichtung kamen noch ca. 100,000 fl. (Gulden) dazu. Da diese Kosten durch die vorgegebene Aversalsumme4 von einer Million Gulden gedeckt sein musste, sah sich der Baumeister dieses Prachtbaus, Oberbaurat von Gärtner, veranlasst, zwecks Einsparung die auf der Süd- und Westseite, sowie an den Umfassungswänden des großartigen Hofes geplante Verkleidung des Mauerwerks mit geglätteten gelben und roten Ziegelsteinen aufzugeben zugunsten eines gewöhnlichen Mörtelputzes. Sicherlich wäre die Wirkung des Bauwerkes eine ganz andere und unzweifelhaft vorteilhaftere gewesen, wenn die genannten Fassadenflächen mit ihren Vorsprüngen und Türmen, Gliederungen und Fenstern, Brüstungen und Zinnen etc. in dem vorgeschriebenen Material hätten hergestellt werden können. Überdies war es dem genialen Baumeister nicht mehr vergönnt, daß sein Werk zu seinen Lebzeiten vollendet wurde. Die Übergabe des fertigen Bauwerkes an die k. Civilliste erfolgte im Januar 1849. In Folge der inzwischen eingetretenen Thronentsagung König Ludwigs I. fand das Bauwerk eine andere Verwendung als geplant. Nicht Kronprinz Max sondern König Ludwig mit seiner ganzen Hofhaltung nahm nun Quartier im Wittelsbacher Palast .
Ergänzend mag hier der Umstand noch Erwähnung finden, daß die ursprüngliche Idee des Kronprinzen Maximilian damals darauf gerichtet war, ein Palais auf der vorspringenden Spitze an der Tannenstraße (sog. Rockerl) gegen den englischen Garten zusehend, zu erbauen.
Quelle: Friedrich von Gärtners Original-Pläne und Studien von Hans Moninger, München1882, Seite 59-61
1 Piedestal: Sockel, Podest 2 Vestibulums: Das Vestibulum (lateinisch für „Vorhof“ oder „freier Platz vor dem Haus“) bezeichnet 3 Entresol: Halbgeschoß
4 Aversalsumme: Geldsumme, die zur Abfindung bestimmt ist.
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