Ausbreitung der neuen Lehre.
Luthers Lehre breitete sich immer weiter aus. Manche deutsche Fürsten ließen sich bei Einführung der Reformation durch Gewinnsucht leiten; denn bei Aufhebung der Klöster nahmen die Landesherren die reichen Güter derselben für sich in Besitz, wenn sie auch vielleicht einen Teil der Einkünfte zur Unterhaltung von Schulen oder Krankenhäusern bestimmten. Begünstigt wurde die Ausbreitung der Reformation dadurch, daß zwischen Karl V. und dem Papste Streitigkeiten bestanden, und daß der Kaiser wegen seiner vielen Kriege mit den Franzosen und Türken lange Zeit von Deutschland abwesend war. So wurde bald der größte Teil Deutschlands evangelisch. Die mächtigsten Anhänger der Reformation waren der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und der Landgraf Philipp von Hessen.
Fortgang der Reformation bis zum Nürnberger Religionsfrieden.
Im Jahre 1529 fand ein Reichstag in Speyer statt, zu dem Kaiser Karl V. aber nicht selbst erschien. Hier wurden alle weiteren Neuerungen verboten. Dagegen erhoben sechs Fürsten und 14 Reichsstädte Widerspruch; sie „protestierten“. Von dieser Zeit an nannte man die Evangelischen auch Protestanten. Im folgenden Jahre kam der Kaiser selbst nach Deutschland und berief einen neuen Reichstag nach Augsburg, um die kirchlichen Fragen zu regeln. Die protestantischen Stände überreichten dem Reichstage eine von Melanchthon verfaßte Schrift, die „Augsburgische Konfession“, in der die wichtigsten Lehren der Reformatoren in 28 Artikeln zusammengestellt waren. Der Kaiser ließ von katholischen Gelehrten eine Entgegnung anfertigen, auf die die Protestanten wieder mit einer Verteidigungsschrift antworteten. Der Reichstag bestimmte nach langen Verhandlungen, daß alle evangelischen Einrichtungen abgeschafft und die Klöster wiederhergestellt werden sollten. Luthers Lehren und Schriften wurden als ketzerisch verboten. Da fürchteten die evangelischen Fürsten, daß sie der Kaiser mit Gewalt zur Rückkehr zum katholischen Glauben zwingen würde. Sie schlossen im Jahre darauf zur gegenseitigen Unterstützung in Schmalkalden i. Th. einen Bund, dessen Häupter Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen waren. Karl V. hätte seine Drohungen gegen die evangelischen Fürsten wohl bald ausgeführt; er brauchte aber ihre Hilfe zu einem Kriege gegen die Türken. Deshalb schloß er mit ihnen einen vorläufigen Vergleich, den Nürnberger Religionsfrieden, in dem den Protestanten freie Religionsausübung bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung gewährt wurde.
Luthers Tod.
Den Krieg, der zwischen dem Kaiser und den protestantischen Fürsten bevorstand, erlebte Luther nicht mehr. Um einen Erbstreit zwischen Grafen von Mansfeld zu schlichten, war er im Winter 1546 nach Eisleben gereist. Dort in seiner Geburtsstadt wurde er am 18. Februar 1546 von einer Krankheit hinweggerafft. Sein Leichnam wurde feierlich nach Wittenberg überführt und dort in der Schloßkirche beigesetzt.
Der Schmalkaldische Krieg.
Im Jahre 1546 brach zwischen Karl V., der über den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen und den Landgrafen Philipp von Hessen die Reichsacht ausgesprochen hatte, und dem Schmalkaldischen Bunde der offene Kampf aus. Der Kaiser hatte heimlich mit dem protestantischen Herzog Moritz von Sachsen-Zeitz ein Bündnis geschlossen und ihm die Kurwürde versprochen, wenn er ihm Hilfe leistete. Während der Kurfürst Johann Friedrich mit seinen Truppen in Süddeutschland stand und mit Philipp von Hessen zusammen den Angriff des Kaisers erwartete, brach sein Vetter Moritz in Sachsen ein. Da kehrte Johann Friedrich mit seinen Truppen eilends zurück, verjagte seinen Vetter und bedrängte ihn in seinem eigenen Lande. Der Kaiser zog ihm jedoch nach und zwang ihn bei Mühlberg a. Elbe 1547 zur Schlacht. Der Kurfürst wurde im Reitergefechte durch einen Säbelhieb verwundet, gefangen genommen und vom Kaiser zum Tode verurteilt. Um sein Leben zu retten, mußte er die Kurwürde mit dem Kreise Wittenberg an seinen Vetter Moritz abtreten. Er behielt nur die sächsischen Herzogtümer (Weimar, Eisenach, Gotha usw.), wo seine Nachkommen jetzt noch regieren. Philipp von Hessen unterwarf sich bald darauf dem Kaiser freiwillig. Er erbat knieend Karls V. Verzeihung, wurde aber noch am Abende desselben Tages von dem Feldherrn des Kaisers, dem gefürchteten Herzog Alba, gefangen gesetzt.
Der Augsburger Religionsfriede.
Moritz von Sachsen war ungehalten darüber, daß Karl V. den Landgrafen Philipp von Hessen, seinen Schwiegervater, in strenger Haft hielt. Auch fürchtete er wohl, daß der Kaiser gar zu mächtig werden könnte. Nachdem er an das Ziel seiner Wünsche gelangt und Kurfürst geworden war, fiel er vom Kaiser wieder ab. Er schloß heimlich einen Bund mit dem Könige von Frankreich und versprach diesem als Lohn für seine Hilfe die drei lothringischen Städte Metz, Toul und Verdun. Diese sind im Verlaufe des Kampfes auch in den Besitz der Franzosen gekommen. (1552). Unvermutet rückte Moritz gegen Innsbruck und hätte den Kaiser, der dort gichtkrank daniederlag, beinahe gefangen genommen. Karl V. mußte die Forderungen, die Moritz an ihn stellte, bewilligen. Philipp von Hessen wurde freigelassen. Wenige Jahre später (1555) schloß der Kaiser, des langen Kampfes müde auf einem Reichstage zu Augsburg mit den evangelischen Fürsten den Augsburger Religionsfrieden. Den Protestanten wurde völlige Religionsfreiheit zugestanden. Sie erhielten dieselben Rechte wie die Katholiken, und jeder weltliche Fürst konnte bestimmen, wie es in seinem Lande der Religion gehalten werden sollte. Die Untertanen durften, wenn sie einem andern Bekenntnisse anhingen, ungehindert auswandern.
Das Lebensende Karls V.
Der Kaiser war der vielen Kämpfe, die er seit seinem Regierungsantritte hatte führen müssen, überdrüssig geworden und und über das Fehlschlagen seiner Pläne verstimmt. Daher faßte er den Entschluß, sich von der Welt zurückzuziehen. Er ließ sich in der Nähe des Klosters St. Just in Westspanien eine Wohnung bauen, legte seine Krone nieder und lebte nun zurückgezogen in Stille und Einsamkeit. Zwei Jahre danach starb er (1558). Karl V. war der letzte bedeutende Kaiser des alten deutschen Reiches; er war auch der Letzte, der sich von dem Papste krönen ließ.