Trotz des Augsburger Religionsfriedens wurde das Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten in Deutschland nicht besser. Um das Jahr 1600 standen sich beide Parteien schon so feindselig gegenüber, daß ein Krieg vorauszusehen war. Wegen der drohenden Gefahr schlossen die protestantischen Fürsten ein Bündnis, die „Union“, an deren Spitze der Kurfürst Friedrich von der Pfalz stand. Die katholischen Fürsten traten unter der Führung des tatkräftigen Herzogs Maximilian von Bayern gleichfalls zu einem Bunde, der „Liga“ zusammen. Von den deutschen Kaisern, die jetzt meistens in Wien, der Hauptstadt der habsburgischen Länder, wohnten, waren einige den Protestanten freundlich gesinnt. Einer von ihnen versprach durch den sogenannten „Majestätsbrief“ seinen evangelischen Untertanen in Böhmen freie Religionsübung und erlaubte den protestantischen Ständen, Kirchen zu bauen.
Der Aufruhr in Prag.
Der Majestätsbrief wurde von Katholiken und Protestanten verschieden ausgelegt. Als daher der Bau einer evangelischen Kirche verhindert und eine andre, fast vollendete niedergerissen wurde, sahen die Protestanten darin eine Verletzung des gegebenen Versprechens und beschwerten sich deshalb bei dem Kaiser. Sie erhielten aber eine ungnädige Antwort. Da man glaubte, daran seien die von dem Kaiser eingesetzten Statthalter schuld, zog eine zahlreiche Menschenmenge, die von evangelischen Edelleuten angeführt wurde, nach dem Schlosse in Prag und warf zwei Statthalter und ihren Geheimschreiber zum Fenster hinaus. Sie kamen zwar ohne ernstliche Verletzungen davon, aber diese Gewalttat gab den Anlaß zu einem furchtbaren Kriege.
Friedrich von der Pfalz, der Winterkönig.
Zu dieser Zeit starb der Kaiser, und der streng katholische Ferdinand II. wurde sein Nachfolger. Die Böhmen wählten jedoch den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, den Führer der Union, zu ihrem Herrscher. Friedrich hoffte, sein Schwiegervater, der König von England, werde ihm helfen und zog nach Prag. Aber die erwartete Hilfe blieb aus, während der Kaiser vom Herzog Maximilian von Bayern und der Liga kräftig unterstützt wurde. Im Jahre 1620 rückte ein kaiserliches Heer unter dem Grafen Tilly heran, und es kam zu der Schlacht am weißen Berge bei Prag. Friedrich wurde völlig geschlagen und ergriff eiligst die Flucht. Da er nur während eines Winters geherrscht hatte, nannte ihn das Volk zum Spotte den „Winterkönig“. Die Union löste sich auf. Über das unglückliche Böhmen ließ Kaiser Ferdinand ein furchtbares Strafgericht abhalten; den Majestätsbrief vernichtete er. Die Protestanten, die sich weigerten, zur katholischen Kirche zurückzukehren, verwies er des Landes. Infolgedessen wanderten über 50 000 Familien aus ihrer Heimat aus. Die Führer der Böhmen, 27 evangelische Edelleute, wurden in Prag hingerichtet; ihre Landgüter gab der Kaiser seinen Anhängern. Der Herzog Maximilian von Bayern erhielt als Belohnung für seine Hilfe einen Teil der Länder Friedrichs und die Kurwürde.
Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig.
Für den vertriebenen Kurfürsten kämpften am Rhein und in Norddeutschland der Graf Ernst von Mansfeld und der Herzog Christian von Braunschweig. Beide waren rauhe und wilde Kriegsmänner, die mit ihren Söldnerscharen Deutschland verheerten, ohne zwischen Katholiken und Protestanten einen Unterschied zu machen.
Tilly.
Feldherr der Liga war der bayerische General Graf Tilly. Er stand damals schon in vorgerücktem Lebensalter, war klein von Gestalt und trug einen spitzen Kinnbart. Tilly war ein hervorragender Feldherr und wie sein Herr, der Herzog Maximilian, streng katholisch gesinnt. Er schlug Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig in mehreren Schlachten, ohne jedoch ihre Heere völlig vernichten zu können.
Der Dänenkönig Christian IV.
Als Kaiser Ferdinand mit Hilfe der Liga seine Feinde besiegt hatte, riefen einige norddeutsche Stände aus Furcht für ihren Glauben den Dänenkönig Christian IV. zu Hilfe. Er war zugleich Herzog von Holstein, also auch deutscher Reichsfürst. Mit einem stattlichen Heere trat er den Truppen der Liga gegenüber. Auch Ernst von Mansfeld hatte die Trümmer seines Heeres gesammelt und durch Anwerbungen ergänzt. Um diesen Feinden begegnen zu können, war der Kaiser vollständig auf die Hilfe der Liga angewiesen. Er selbst besaß keinen geeigneten Feldherrn und auch nicht Geld genug, um ein Heer anwerben zu können; denn in den habsburgischen Stammlanden herrschte wegen der Glaubensstreitigkeiten Aufruhr. Da bot sich Wallenstein, ein böhmischer Edelmann, auf eigne Kosten ein Heer zu schaffen, wenn ihm der Oberbefehl und die Anstellung der Offiziere überlassen würde.
Wallenstein.
War das Kind lutherischer Eltern. In früher Jugend verwaist, wurde er jedoch katholisch erzogen. Er nahm später Kriegsdienste und wurde wegen seiner Tapferkeit Oberst. Durch seine Verheiratung gelangte er zu sehr großem Reichtume und lieh dem Kaiser für den Krieg bedeutende Geldsummen. Als Entschädigung dafür erhielt er das Herzogtum Friedland in Böhmen, so daß er Herzog und deutscher Reichsfürst wurde. Wallenstein war von hagerer Gestalt und hatte finstere, stechende Augen. Gewöhnlich trug er einen langen roten Mantel und einen grauen Hut, von dem eine rote Feder herabwinkte. Er glaubte, der Mensch könne sein zukünftiges Schicksal aus der Stellung der Gestirne erkennen und hatte einen besondern Sternkundigen in seinen Diensten. Die Soldaten hielten ihn für unverwundbar und glaubten, er habe mit dem Teufel einen Bund geschlossen. – Der Kaiser nahm das Anerbieten Wallensteins an, und in kurzer Zeit hatte dieser ein Heer von 50 000 Mann zusammengebracht. Im Dienste hielt er auf eiserne Zucht; Ungehorsame und Feiglinge ließ er unerbittlich aufhängen. Den Bürgern und Bauern gegenüber aber gewährte er den Söldnern große Freiheit; selbst seine Offiziere scheuten sich nicht, zu plündern und zu rauben. Tapferkeit und Tüchtigkeit belohnte er mit fürstlicher Freizügigkeit.
Der Dänische Krieg.
Wallenstein rückte nach Norddeutschland und besiegte Ernst von Mansfeld an der Dessauer Elbbrücke. Bald darauf erlag Ernst einem heftigen Fieber. (Auch Christian von Braunschweig war in demselben Jahre gestorben.)
Tilly hatte inzwischen den König Christian von Dänemark bei dem braunschweigischen Städtchen Lutter am Barenberge geschlagen. Die beiden siegreichen Heere eroberten nun gemeinsam ganz Norddeutschland, verjagten die Herzöge von Mecklenburg und trieben den König Christian bis nach Jütland. Wallenstein erhielt zur Belohnung Mecklenburg und wurde zum Admiral der Nord- und Ostsee ernannt.
Um eine Flotte gründen zu können, wollte er die feste Stadt Stralsund erobern. Da er aber keine Schiffe hatte, um Stralsund auch vom Meere aus einzuschließen, gelang ihm dies trotz seines großen Heeres nicht; denn die mutigen Bürger konnten sich immer wieder von Schweden her mit Kriegsvorräten und Nahrungsmitteln versorgen. Wallenstein mußte schließlich abziehen, obgleich er geschworen hatte, die Stadt zu erobern und „wenn sie mit Ketten an den Himmel geschlossen wäre“.
Als ganz Norddeutschland unterworfen war, erließ der Kaiser gegen Wallenstein ein Gesetz, in dem er bestimmte, daß die seit 1552 von den protestantischen Fürsten eingezogenen geistlichen Güter (zwei Erzbistümer, zwölf Bistümer und viele Klöster) wiederhergestellt würden. Wallenstein und Tilly sollten die protestantischen Fürsten dazu zwingen.
Wallensteins Absetzung.
Wallenstein, dessen Heer inzwischen auf 100 000 Mann angewachsen war, verheerte die Länder in furchtbarer Weise und erpreßte von den Städten ganz unerschwingliche Kriegssteuern. Da beklagten sich (1630) die protestantischen Fürsten, besonders Maximilian von Bayern, bitter über ihn und verlangten seine Absetzung. Sie fürchteten auch; daß der Kaiser, der durch diesen Mann so große Gewalt erlangt hatte, sie vollständig unter seine Macht beugen würde. Ihrem Drängen mußte der Kaiser schließlich nachgeben. Wallenstein empfing die Nachricht von seiner Absetzung mit kalter Ruhe und erklärte, die Sterne hätten ihm seinen Fall schon verkündigt. Er entließ sein Heer und zog sich nach Friedland zurück, wo er mit königlicher Pracht lebte, sich eine Leibwache hielt und ein prächtiges Schloß baute. Er sah voraus, daß der Kaiser ihn bald wieder brauchen werde.
König Gustav Adolf von Schweden.
Im Juli 1630 landete der Schwedenkönig Gustav Adolf mit einem Heere von 16 000 Mann an der Küste Pommerns. Er mischte sich in den Krieg, weil seine Verwandten, die Herzöge von Mecklenburg, aus ihrem Lande vertrieben worden waren. Auch wollte er nicht dulden, daß der Kaiser seine Macht auf die Ostsee ausdehnte; denn die Schweden trieben auf ihr lebhaften Handel und beherrschten sie mit ihren Schiffen. Da Gustav Adolf ein eifriger Protestant war, wünschte er zugleich seinen bedrängten deutschen Glaubensgenossen gegen den Kaiser zu helfen. Er war ein Mann von großer, kräftiger Gestalt, hatte blaue Augen und blondes Haar. Sein Heer bestand nicht aus Söldnern, die aus aller Herren Länder stammten, sondern aus schwedischen Bauernsöhnen. Der König duldete keine Plünderungen, hielt strenge Kriegszucht und ließ täglich Gottesdienst abhalten. Die schwedischen Truppen trugen leichtere Rüstungen, als es bisher üblich war, auch ihre Gewehre und Kanonen waren weniger schwer. Dadurch konnten sie weite Märsche schneller zurücklegen und sich auch in der Schlacht leichter bewegen. Die Soldaten der einzelnen Regimenter trugen Armbinden von gleicher Farbe. – Als die Nachricht von der Landung Gustav Adolfs nach Wien gelangte, spottete man überdrüssig den nordischen „Schneekönig“. Die protestantischen Fürsten, die sich vor dem Kaiser und vor Tillys Feldherrngeschick fürchteten, empfingen ihn mit Mißtrauen. Der Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg wollte sich ihm nicht anschließen, und der Kurfürst von Sachsen weigerte sich, ihn durch sein Land ziehen zu lassen. Gustav Adolf konnte daher der Stadt Magdeburg, die von Tilly belagert wurde, nicht zu Hilfe kommen. Als er nun die Nachricht bekam, daß Magdeburg genommen und zerstört worden sei, zwang er den Kurfürsten von Brandenburg mit Waffengewalt, sich mit ihm zu verbünden.
Tilly hatte scheinbar die Belagerung Magdeburgs aufgehoben und war abgezogen. In der folgenden Nacht aber kehrte er zurück und erstürmte die unglückliche Stadt (1631). Die wütenden Söldnerscharen richteten unter den überraschten Bürgern, die sich mutig verteidigten, ein furchtbares Blutbad an, so daß die Straßen mit Leichen bedeckt waren. 30 000 Menschen verloren ihr Leben; die blühende und reiche Stadt wurde geplündert und ging in Flammen auf. Nur zwei Kirchen und wenige andre Gebäude entgingen dem Verderben.
Die Schlachten bei Breitenfeld und am Lech.
Als Tilly nach der Eroberung Magdeburgs Sachsen schwer bedrückte, das bisher am Kriege unbeteiligt geblieben war, schloß sich der Kurfürst von Sachsen ebenfalls Gustav Adolf an. In der Ebene von Leipzig, bei Breitenfeld (1631), kam es zwischen Tilly und den schwedisch-sächsischen Truppen zur Entscheidungsschlacht. Nach hartem Kampfe errang der Schwedenkönig den Sieg, und Tilly, der bisher noch nie überwunden worden war, mußte eilends nach Bayern zurückgehen. Gustav Adolf durchzog nun Deutschland bis nach Mainz. Der tapfere Prinz Bernhard von Weimar trat in schwedische Kriegsdienste. – Im folgenden Jahre brach Gustav Adolf in Bayern ein. Auf Herzog Maximilians Geheiß stellte sich ihm Tilly am Lech entgegen und versuchte, ihm den Übergang zu wehren. Er unterlag aber zum zweiten Male den schwedischen Waffen, selbst von einer Kanonenkugel schwer am Oberschenkel verwundet und starb wenige Tage darauf im Alter von fast 73 Jahren. Ganz Bayern war in Gustav Adolfs Gewalt, und niemand konnte ihn jetzt hindern, den Kaiser in Wien selbst anzugreifen; denn das Heer der Liga war vernichtet, und ein kaiserliches Heer gab es nicht. In dieser größten Not bat Ferdinand II. Wallenstein, für ihn wieder ein Heer aufzustellen. Dieser aber konnte dem Kaiser seine Absetzung nicht verzeihen; er weigerte sich hartnäckig und ließ sich erst erbitten, als ihm große Vorrechte eingeräumt wurden. Er erhielt völlig selbständige Verfügung über das Heer, und kein General durfte ohne seine Bewilligung vom Kaiser Befehle empfangen.
Die Schlacht bei Lützen.
Wallenstein zog nach Bayern und bedrohte das protestantische Nürnberg. Gustav Adolf wollte die Stadt nicht in seine Hände fallen lassen und eilte zu ihrer Unterstützung herbei. Beide Heere standen sich in befestigten Lagern elf Wochen lang gegenüber. Als die Schweden endlich Wallensteins Verschanzungen angriffen, wurden sie mit schweren Verlusten zurückgeschlagen. Da während der kalten Jahreszeit gewöhnlich der Kampf ruhte, erwartete Wallenstein keine Schlacht mehr und wandte sich nach Sachsen, wo er während des Winters mit seinem Heere bleiben wollte. Aber die Schweden eilten ihm nach, und am 16. November 1632 kam es bei Lützen zur blutigen Entscheidung. Beide Heere kämpften mit verzweifelter Tapferkeit. Gustav Adolf geriet ohne Absicht in das Gewühl des Reiterkampfes, wurde von einer Kugel in den Rücken getroffen und stürzte vom Pferde. Wütend über den Tod ihres Königs, dessen blutbeflecktes Roß über das Schlachtfeld jagte, fochten die Schweden mit furchtbarer Erbitterung und errangen unter der Führung Bernhards von Weimar nach langem Kampfe den Sieg. Die Leiche Gustav Adolfs fand man später ausgeplündert und von den Hufen der Rosse zertreten. Sie wurde nach Schweden gebracht und in Stockholm beigesetzt. Bei den Protestanten in Deutschland herrschte trotz der schweren Niederlage Wallensteins tiefe Niedergeschlagenheit, während die Katholiken die Schlacht bei Lützen als einen Erfolg ansahen; denn man wußte wohl, was Gustav Adolf für die evangelische Sache bedeutet hatte.
Wallensteins Ermordung.
Die Schweden setzten den Krieg fort. Wallenstein zog sich nach Böhmen zurück und hielt über sein Heer ein furchtbares Strafgericht ab: Offiziere, die in der Lützener Schlacht nicht ihre Schuldigkeit getan hatten, wurden enthauptet, Soldaten, die sich feige gezeigt hatten gehängt. Obgleich die Schweden, bei denen nach dem Tode des Königs Zucht und Ordnung rasch schwanden, Deutschland verheerten, blieb Wallenstein in Böhmen untätig. Er wußte sehr wohl, daß man ihn am kaiserlichen Hofe zu Wien haßte und an seiner abermaligen Absetzung arbeitete. Da er aber seine große Macht nicht wiederum verlieren wollte, knüpfte er heimlich mit den Sachsen und Schweden Unterhandlungen an. Jedenfalls wollte er im Bunde mit ihnen den Kaiser zum Frieden zwingen und sich selbst dabei ein möglichst großes Ländergebiet sichern, über das er als selbständiger Herzog oder Kurfürst herrschen konnte. Auf die Treue seines Heeres glaubte er bauen zu können; denn die meisten der Generale waren durch ihn zu Ehren und Reichtümern gelangt. Dem Kaiser blieben diese Absichten seines Feldherrn nicht verborgen; er nahm ihm zum zweiten Male den Oberbefehl und erklärte ihn für einen Hochverräter. In zwei Tagen fiel die Mehrzahl der Generale und fast das ganze Heer von Wallenstein ab. Da zog er mit einigen treu gebliebenen Regimentern nach Eger, wo er sich mit sächsischen oder schwedischen Truppen vereinigen wollte. Auf Anstiften des Obersten Butler, eines dem Kaiser ergebenen Irländers, drangen jedoch in der darauf folgenden Nacht zwölf Dragoner in das Haus ein, in dem Wallenstein schlief. Als dieser, von dem Lärme aufgeweckt, das Fenster öffnete, um die Wache zu rufen, erbrachen die Mordgesellen sein Schlafzimmer. Schweigend an einem Tische lehnend empfing Wallenstein den Todesstoß. Kurz vorher waren auch seine treugebliebenen Offiziere bei einem Gastmahle meuchlerisch umgebracht worden. – In demselben Jahre (1634) wurde das schwedische Heer von den Kaiserlichen bei Nördlingen entscheidend geschlagen. Infolgedessen fielen fast sämtliche protestantische Fürsten von den Schweden ab und schlossen mit dem Kaiser Frieden.
Der schwedisch-französische Krieg.
Die Schweden suchten und fanden Hilfe bei den Franzosen, die bei dieser Gelegenheit deutsches Gebiet an sich bringen hofften. Sie unterstützen die Schweden mit Geld und Truppen. Bernhard von Weimar, der allein unter den protestantischen Fürsten der Sache der Evangelischen treu geblieben war, sowie schwedische und französische Generale setzten nun den Krieg mit wechselndem Glücke fort.
Bernhard starb wenige Jahre später an einer pestartigen Krankheit. Der Krieg beschränkte sich jetzt vielfach auf planlose Plünderungszüge, bei denen es die Schweden mit dem schutzlosen Volke schlimmer trieben als einst die Wallensteiner. Den Landleuten gab man den „schwedischen Trunk“ zu kosten, d. h. man goß ihnen gewaltsam so lange Jauche in den Hals, bis sie starben oder den Ort angaben, wo sie ihre letzten Spargroschen vergraben hatten. Noch lange nach jener Zeit schreckten die Mütter ihre unfolgsamen Kinder mit dem Rufe: „Sei ruhig, der Schwed´kommt!“. Die aufs äußerste gepeinigten Bauern rotteten sich zusammen und ermordeten jeden Soldaten, der in ihre Hände fiel, auf die grausamste Weise. So entstand ein wahrer Vernichtungskrieg zwischen ihnen und den Söldnern.
Der Frieden von Münster und Osnabrück.
Endlich kam nach jahrelangen Verhandlungen der Friede zustande (1648). Die jüngeren Leute in Deutschland, die während der dreißigjährigen Schreckenszeit herangewachsen waren, wußten nicht, was „Friede“ bedeutete, und auch die älteren glaubten kaum an die Nachricht von der Beendigung des entsetzlichen Krieges; denn sie hatten in stumpfer Verzweiflung die Hoffnung auf bessere Zeiten längst aufgegeben. Durch den Frieden der zu Münster und Osnabrück geschlossen wurde und deshalb auch der westfälische genannt wird, verlor Deutschland die vorherrschende Stellung, die es seit fast 900 Jahren in der Welt innegehabt hatte. Schweden und Frankreich waren von nun an die mächtigsten Staaten Europas. – Schweden erhielt Vorpommern mit Stettin, sowie die Bistümer Bremen und Verden. Hierdurch beherrschte es die Mündungen deutscher Ströme und damit den Handel auf der Nord- und Ostsee. – Frankreich bekam das Elsaß; die freie Reichsstadt Straßburg blieb jedoch bei Deutschland. Die Schweiz und Holland schieden aus dem deutschen Reiche aus. Der Sohn des Winterkönigs Friedrich von der Pfalz empfing die Rheinpfalz und die Kurwürde zurück. Da auch der Herzog von Bayern Kurfürst blieb, so gab es also von jetzt an acht Kurfürsten. An Brandenburg, das alte Erbrechte auf Pommern besaß, fiel nur Hinterpommern; als Entschädigung für Vorpommern wurden ihm die Bistümer Halberstadt, Minden und Kamin, sowie das Erzbistum Magdeburg mit den Städten Magdeburg und Halle zugesprochen. In bezug auf die kirchlichen Verhältnisse wurde bestimmt, daß Katholiken, Evangelische und Reformierte gleiche Rechte haben sollten. – Die deutschen Reichsfürsten wurden in ihren Ländern völlig selbständig. Sie durften nicht nur ohne den Kaiser Krieg führen und Frieden schließen, sondern sogar mit dem Auslande Bündnisse eingehen. Ohne sie konnte der Kaiser weder einen Reichskrieg führen noch Steuern erheben und Gesetze geben (Karte!)
Die Folgen des Krieges.
Vor dem Kriege war Deutschland ein wohlhabendes bevölkertes Land gewesen; nach ihm war es eine Wüste. Der Wohlstand war vernichtet und die Bevölkerung in manchen Gegenden auf den zehnten Teil der früheren Zahl zusammengeschmolzen. Viele Dörfer waren gänzlich vom Erdboden verschwunden. In den Städten standen nicht selten zwei Drittel aller Häuser unbewohnt. Wiesen und Felder waren jahrelang unbebaut geblieben und zu Buschland oder Heide geworden, in denen Wölfe hausten. Die Bauern besaßen weder Pferde noch Saatkorn zur Bestellung der Äcker; die stattlichen Rinder- und Schafherden waren in dem langen Kriege aufgezehrt worden. Auch in den örtlichen Gegenden Deutschlands geriet nun der Bauer in völlige Abhängigkeit von den Gutsherrn und wurde hörig. Die Pest und andre ansteckende Krankheiten suchten die Bevölkerung heim. Auf den Landstraßen herrschte die größte Unsicherheit; Räuberbanden und Scharen entlassener Söldner ließen das Land nicht zu Ruhe und Frieden kommen. Der Handel war vernichtet, und das Gewerbe lag danieder; denn niemand konnte dem Handwerker etwas abkaufen. Die Sitten waren verwildert; Diebstahl, Betrug und Trunksucht hatten überhand genommen. Ohne Schulen und ohne Erziehung war das junge Geschlecht groß geworden, so daß Unbildung und Aberglaube allgemein waren. Zu keiner Zeit gab es so viele Hexenprozesse als nach dem Dreißigjährigen Kriege. Selbst die deutsche Sprache war geschändet und verdorben. Da ausländische Söldner jahrzehntelang in Deutschland ihr Wesen trieben, bürgerten sich unzählige fremde Worte ein, so daß Schriftstücke aus jener Zeit fast unverständlich sind. – Der letzte Rest der kaiserlichen Gewalt und der Reichseinheit war verloren gegangen. Uneinig und zerrissen im Innern, gänzlich ohnmächtig nach außen, wurde das deutsche Reich zum Gespött der ganzen Welt. Nicht nur ein gewaltiger Religionskrieg zwischen den Katholiken und Evangelischen, auch ein erbitterter Streit zwischen Kaiser und Reichsfürsten war ausgefochten worden. Letztere hatten gesiegt und waren dem Kaiser gleichberechtigt. Die Macht des habsburgischen Kaiserhauses war gebrochen, die einst so bedeutungsvolle Kaiserwürde zum inhaltlosen Titel geworden. – In der nun folgenden schlimmen Zeit erhob sich neben Österreich, das die Macht und das Ansehen des deutschen Reichs nicht hatte bewahren können, nach und nach ein andres Land, auf das sich bald die Blicke der ganzen Welt richteten: die Mark Brandenburg unter der Herrschaft des Hauses Hohenzollern.