Friedrich III. 1888.
Kaiser Friedrich III., Kaiser Wilhelms einziger Sohn, wurde am 18. Oktober 1831 geboren. Seine Eltern nannten ihn Fritz; als er aber nach der Thronbesteigung seines Vaters Kronprinz von Preußen wurde, führte er den Namen Friedrich Wilhelm. Er besuchte als erster preußischer Prinz, der seine Bildung auf einer Hochschule abschloß, die Universität Bonn. Militärische Übungen und Unterricht in den Kriegswissenschaften wurden daneben nicht versäumt. In ihm vereinte sich die soldatische Art des Vaters mit der von der Mutter ererbten Liebe zu Kunst und Wissenschaft. Durch sein heiteres Wesen, seine Leutseligkeit und Herzensgüte erwarb er sich die Zuneigung aller, mit denen er in Berührung kam.
Er wuchs zu einem stattlichen Manne mit mächtigem blonden Vollbarte heran. Im Alter von 27 Jahren verheiratete sich Kronprinz Friedrich Wilhelm mit der Prinzessin Viktoria von England. Dem hohen Paare, das ein sehr glückliches Familienleben führte, wurden acht Kinder, vier Söhne und vier Töchter, geboren. Besonders gern verweilte die kronprinzliche Familie auf dem Gute Bornstedt bei Potsdam, wo die jungen Prinzen und Prinzessinnen oft in ungezwungenen Verkehr mit den Kindern des Dorfes traten.
Sein Wirken für das Vaterland.
Im Kriege gegen Dänemark 1864 war der Kronprinz dem General Wrangel als Berater beigegeben, und im Jahre 1866 führte er die II. Armee. Sein Wahlspruch war: „Furchtlos und beharrlich!“ Als er sich in Schlesien befand und die Feindseligkeiten eröffnet werden sollten, erhielt er unerwartet die Nachricht von dem Tode eines seiner Söhne. (Ein anderer Sohn starb 1879.) Gern wäre er nach Berlin geeilt, um seiner Gemahlin in den Tagen der Trauer zur Seite zu stehen, doch die Pflicht gegen das Vaterland erlaubte es nicht.
Der Kronprinz erwies sich als ein geschickter und kaltblütiger Heerführer, der seinen Truppen unbegrenztes Vertrauen einflößte. Durch sein rechtzeitiges Eingreifen entschied er die Schlacht bei Königgrätz. Große Verdienste erwarb er sich auch beim Friedensschlusse, indem er den Grafen Bismarck, der Österreich keine Gebietsabtretung auferlegen wollte, aber mit seiner Ansicht allein stand, erfolgreich unterstützte. Im französischen Kriege 1870/71 befehligte der Kronprinz die süddeutschen Truppen, deren Zuneigung er sich bald in hohem Maße erwarb. Brausender Jubel erhob sich unter den Kriegern, wenn er sie mit einem freundlichen Worte begrüßte, oder wenn er, die kurze Pfeife im Munde, an ihrer Seite dahin ritt. Der Sieg von Wörth, die gewaltigen Ereignisse von Sedan sind mit seinem Namen untrennbar verknüpft. Für die Einigung Deutschlands und die Erneuerung der Kaiserwürde ist er mit ganzer Seele eingetreten.
Wilhelm I. war anfangs wenig geneigt, die Kaiserwürde zu übernehmen, mit der bei ihm die Erinnerung an die verunglückten Einigungsversuche seines Bruders Friedrich Wilhelms IV. verbunden war. Er wollte am liebsten nur König von Preußen bleiben; doch dem Kronprinzen gelang es im Verein mit dem eisernen Kanzler, alle Bedenken seines Vaters zu zerstreuen. Seinem herzgewinnenden Wesen ist es zu danken, daß die frühere Abneigung der Süddeutschen gegen Preußen schnell überwunden wurde.
Krankheit und Tod.
Im Jahre 1887 erkrankte der Kronprinz an einem Halsleiden, und bald vernahm man im deutschen Volke mit sorgenvoller Trauer, daß die Krankheit sich mehr und mehr verschlimmere. Die Ärzte sandten den kranken Fürsten, der seine Leiden mit großer Geduld und Ergebung trug, nach verschiedenen Kurorten und zuletzt nach Italien.
Dort traf ihn die Nachricht von dem Tode seines Vaters. Ein Diener überreichte ihm eine Depesche mit der Aufschrift: „An Seine Majestät den Kaiser Friedrich!“ Ohne sie zu öffnen, legte er sie beiseite und begann heftig zu weinen. Er wußte, was sie enthielt.
Als sterbenskranker Mann eilte er trotz des rauhen Winterwetters nach Deutschland, und übernahm als „Kaiser Friedrich III.“ die deutsche Kaiserwürde und die preußische Königskrone.Mit unermüdlichem Eifer erledigte der Kaiser trotz seiner Schwäche die Regierungsgeschäfte und wie sein erhabener Vater selbst auf dem Sterbebette keine Zeit hatte, müde zu sein, so hatte er keine Zeit, krank zu sein. Fürst Bismarck blieb an der Spitze der Staatsleitung. Seine Dankbarkeit für treu geleistete Dienste bewies Kaiser Friedrich auch dadurch, daß er den General von Blumenthal, der ihm 1866 und 1870/71 zur Seite gestanden hatte, zum Feldmarschall ernannte.
Die schreckliche Krankheit machte immer weitere Fortschritte. Kaiser Friedrich war bald nicht mehr imstande zu sprechen und mußte seine Wünsche schriftlich mitteilen. Mit heldenhafter Überwindung trug er alle Schmerzen; seinem ältesten Sohne, dem Kronprinzen Wilhelm, schrieb er einst auf einen Zettel: „Lerne leiden, ohne zu klagen!“
Mit wehmütiger Freude wohnte er der Vermählung seines zweiten Sohnes, des Prinzen Heinrich, bei und nahm auch noch, auf seinen Säbel gestützt im Wagen stehend, über die 2. Garde-Infanterie-Brigade, die der Kronprinz Wilhelm ihm vorführte, eine Parade ab.
Am 15. Juni 1888 machte ein sanfter Tod dem schweren Leiden des edlen Fürsten ein Ende. Ganz Deutschland beweinte den Tod seines Lieblings.Nur kurze Zeit -99 Tage- hat sein Haupt im Glanze der Königskrone gestrahlt. Wenn Kaiser Friedrich III., den man wegen seiner Gestalt und seines Schicksals mit dem Helden Siegfried verglichen hat, den deutschen Kaiserthron auch nur wenige Monate lang einnahm, so wird sein Name doch im Herzen des deutschen Volkes unauslöschlich fortleben. Mit der Geschichte der deutschen Einigung und der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches ist er für alle Zeiten verknüpft.