Teil 1.
Friedrichs Erziehung.
Friedrich wurde am 24. Januar 1712 geboren. Sein Vater wollte ihn so erziehen, daß nicht „der Sohn einmal des Vaters Arbeit zerstörte“. Er sollte ein guter Christ, ein sparsamer Hausvater und ein tüchtiger Soldat werden. Bis zum 11. Lebensjahr des Prinzen ging alles nach des Königs Wunsche, und er hatte eine innige Freude, wenn sein Fritz trommelte oder Schildwache stand. Bald aber zeigte sich, daß der Sohn andere Neigungen hatte als der Vater. Fritz besaß einen lebhaften Sinn für die Wissenschaften, dichtete französische Verse und erlernte die lateinische Sprache, sowie das Flötenspiel. Dazu ließ der Kronprinz heimlich den Flötenspieler Quanz aus Dresden kommen und sich von ihm Unterricht erteilen.
Die militärischen Übungen fand er langweilig, das Tabakskollegium sogar roh. Voll Sorge merkte der König die Veränderung; er nannte seinen Sohn „einen lauen Christen und faulen Soldaten“ und klagte: „ Fritz ist ein Querpfeifer und Poet; er wird mir die ganze Arbeit verderben!“ Aber die herben Worte fruchteten nichts. Als dem Könige vollends gemeldet wurde, daß sein Sohn einen lockeren Lebenswandel führe und Schulden mache, entlud sich sein Zorn in schimpflichen Mißhandlungen des schon 18 jährigen Prinzen. Er warf ihm Mangel an Ehrgefühl vor und sagte häufig: „Hätte mein Vater mich so behandelt wie ich dich, ich wäre längst davongelaufen“.
Friedrichs Fluchtversuch.
Da beschloß Friedrich, heimlich zu entfliehen und zwei seiner Freunde,Keith und Katte, sollten ihm dabei behilflich sein.Im Sommer 1730 machte der König eine Reise nach Süddeutschland; der Kronprinz begleitete ihn und vom Rhein aus wollte er die Flucht ausführen.Aber ein aufgefangener Brief an den Leutnant Katte hatte den Plan verraten und Friedrich wurde ergriffen. Des Königs Zorn kannte keine Grenzen. Bei dem ersten Verhöre in Wesel drohte er seinen Sohn mit dem Degen zu durchbohren.
Der General von Mosel aber warf sich dazwischen und sagte:
„Durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes.“ Der König stieß Fritz als einen Fahnenflüchtigen, der den Tod verdient habe, aus dem Heere und wollte ihn von der Thronfolge ausschließen. Der Prinz und Katte wurden dann in Küstrin vor ein Kriegsgericht gestellt. Die Offiziere aber, die als Richter dabei tätig waren, weigerten sich, über den Kronprinzen zu urteilen, weil er durch seine Geburt hoch über ihnen stände, und beharrten trotz der Ungnade des Königs bei dieser Meinung. Den Leutnant von Katte verurteilten sie zu lebenslänglicher Festungshaft. Der König verschärfte dieses Urteil und ließ Katte hinrichten.
Der Kronprinz wurde in Küstrin in strenger Haft gehalten, und erst nach ¾ Jahren zeigte sich der König gegen ihn milder gestimmt. Friedrich mußte aber in Küstrin bleiben und an der Regierungsbehörde, der „ Kriegs- und Domänenkammer“, fleißig arbeiten, damit er die Verwaltung des Landes genau kennen lernte.Der sehr tüchtige Vorsteher der Kammer wies ihn darauf hin, von welcher Wichtigkeit der Besitz des fruchtbaren und gewerbfleißigen Schlesiens, sowie die ungehinderte Schiffahrt auf der Oder für Brandenburg und Pommern sein würde.Auch sollte Friedrich sich hier um den Landbau und die Viehzucht bekümmern, umkennen zu lernen, „wie schwer es dem Bauer falle, so viel Groschen zu erarbeiten, als zu einem Taler gehören“.
Versöhnung mit dem Vater.
Nach eineinhalb Jahren nahm der König den Prinzen wieder in Gnaden auf. Er durfte zur Hochzeit seiner Schwester Wilhelmine nach Berlin kommen und wurde zum Oberst eines Infanterieregiments ernannt.
Die Zeit in Küstrin war eine harte Schule für den Prinzen gewesen. Als sein Vater ihm bald darauf die Prinzessin Christine von Braunschweig, eine Verwandte des Kaisers, zur Gemahlin bestimmte, fügte er sich schweigend, wenn auch mit tiefem Schmerze. Mit Eifer gab sich jetzt der Kronprinz den soldatischen Übungen hin und suchte seinem Vater in jeder Beziehung Freude zu machen. Er lernte seinen Vater auch jetzt besser verstehen.
Als er im polnischen Erbfolgestreite an den Rhein gesandt wurde, um den Krieg kennen zu lernen, sah er mit Stolz, wie viel besser die preußischen Truppen waren als die kaiserlichen und auf einer Reise nach Ostpreußen erkannte er mit Staunen und Bewunderung, was sein Vater für die Wohlfahrt des Landes geleistet hatte. Bald erkannte dieser die großen Fähigkeiten und den militärischen Geist seines Sohnes. „O mein Gott!“ rief er vor seinem Ende aus, „ich sterbe zufrieden, da ich einen so würdigen Sohn zum Nachfolger habe.” Der König war mit ihm zufrieden und schenkte ihm das Schloß Rheinsberg bei Neu-Ruppin.Hier umgab sich der Kronprinz mit einem Kreise von Gelehrten und Künstlern, in deren Gesellschaft er seine Neigung zu Kunst und Wissenschaft zu befriedigen suchte. Mit Vorliebe beschäftigte er sich mit französischen Büchern, wie er denn überhaupt an französischer Sprache und französischem Wesen viel Gefallen fand.
Friedrich wird König.
Als Friedrich Wilhelm I. sein Ende nahen fühlte, rief er den Kronprinzen an sein Lager. Völlig versöhnt, schloß er den Sohn in die Arme und warnte ihn sterbend vor dem Hause Habsburg, von dem Preußen nur Undank geerntet habe. 1740 bestieg Friedrich, erst 28 Jahre alt, den Thron.
Gleich seine ersten Schritte erwarben ihm die Zuneigung seines Volkes. Er schaffte die Folter bei der Rechtspflege ab und ließ den Zeitungen, die bis dahin nur drucken durften, was ihnen zuvor erlaubt worden war, mehr Freiheit. Den Religionsbekenntnissen gegenüber war er sehr duldsam und erklärte: „Hier muß ein jeder nach seiner Fasson selig werden!“. Die Akademie der Wissenschaften erneuerte er. An der sparsamen Staatsverwaltung aber wurde nichts geändert. Der strenge Winter des Jahres 1739-1740 hatte eine große Teuerung hervorgerufen. Um der Not abzuhelfen, ließ Friedrich die Vorratshäuser öffnen und das Korn zu billigen Preisen an die Armen verkaufen. Gleich seinem Vater wollte Friedrich alles selbst beaufsichtigen, „sein eigener Minister sein“. Die Potsdamer Riesengarde löste er zwar auf, errichtete jedoch für das Geld, das sie gekostet hatte, neue Regimenter, so daß das Heer auf 90.000 Mann anwuchs. Unermüdlich war der König für sein Volk tätig. Sein Grundsatz war: „Ich bin des Staates erster Diener.“
Maria Theresia.
Nach dem Tode Karls VI., des letzten Habsburgers, trat seine Tochter Maria Theresia die Herrschaft über die österreichischen Erblande an. Sie verheiratete sich mit Franz von Lothringen und wollte die Wahl ihres Gemahl zum Kaiser durchsetzen. Der Kurfürst von Bayern, der mit den Habsburgern verwandt war, erkannte aber die weibliche Erbfolge nicht an und erhob Anspruch auf Land und Kaiserkrone. Da die Versprechungen, die Friedrich Wilhelm I. einst erhalten hatte, nicht erfüllt worden waren, machte Friedrich II. die alten Rechte Preußens auf Schlesien geltend; nach einem alten Erbvertrage hätte schon der Große Kurfürst das Land erben müssen, aber der damalige Kaiser hatte es in Besitz genommen und den Kurfürsten mit dem Schwiebuser Kreise abgefunden. Maria Theresia aber nahm mutig den Kampf um ihr Erbe und die Kaiserkrone auf.
Der erste Schlesische Krieg.
Sofort schrieb Friedrich an Maria Theresia, er sei bereit, ihr gegen alle ihre Feinde beizustehen, wenn sie ihm dafür Schlesien abtreten wolle. Noch ehe jedoch die Antwort eintraf, überschritt dieser schnell entschlossen mit 20.000 Mann die österreichische Grenze, nahm in kurzer Zeit den größten Teil Schlesiens, wo nur geringe kaiserliche Besatzungen standen, in Besitz. Maria Theresia ließ ihm sagen, er solle sofort Schlesien räumen und froh sein, wenn sie ihm den Angriff verzeihe.
Im Jahre 1741 kam es zwischen Österreichern und Preußen zu der Schlacht bei Mollwitz.
Gleich zu Anfang warf die österreichische Reiterei die preußische völlig über den Haufen. Sodann aber zeigte sich die Überlegenheit des preußischen Fußvolks. Unerschütterlich hielt es den feindlichen Reitern stand, ging hierauf unter dem Oberbefehl des Generals Grafen Schwerin wie eine „lebende Mauer“ in schnurgeraden Linien eng geschlossen auf den Feind los und schlug ihn gänzlich in die Flucht. Im folgenden Jahre besiegte Friedrich die Österreicher nochmals. Da schloß Maria Theresia, die von ihren anderen Feinden hart bedrängt war, mit ihm den Frieden zu Breslau, in dem sie Schlesien mit der Grafschaft Glatz an Preußen abtrat. Friedrich richtete in der neuerworbenen Provinz sogleich preußische Verwaltung ein, hob Truppen aus und baute Festungen. Außerdem verbesserte er seine Reiterei und sammelte einen Kriegsschatz; denn er wußte wohl, daß Maria Theresia versuchen würde, Schlesien zurückzuerobern.
Der zweite Schlesische Krieg.
Nach dem Frieden von Breslau hatte sich Maria Theresias Lage erheblich gebessert. Der Kurfürst von Bayern, der als Karl VII. deutscher Kaiser geworden war, wurde von ihr aus seinem Lande vertrieben. Dann richtete sie das Augenmerk auf die Wiedererwerbung Schlesiens, „der Perle in der Krone des Hauses Österreich“, und schloß mit dem Kurfürsten von Sachsen zu diesem Zwecke ein Bündnis. Da zog Friedrich zum zweiten Male das Schwert und rückte in Böhmen ein. Bei Hohenfriedberg (1745) fiel er unvermutet über die vereinigten Österreicher und Sachsen her und erfocht einen herrlichen Sieg. Die preußische Reiterei tat sich hier glänzend hervor. Die Bayreuth-Dragoner überritten 18 feindliche Bataillone und eroberten 66 Fahnen. Noch in demselben Jahre schlug Leopold von Anhalt-Dessau die sächsischen Truppen bei Kesselsdorf. Bald darauf wurde in Dresden der Friede geschlossen (1745). Friedrich blieb im Besitz von Schlesien, erkannte aber Maria Theresias Gemahl Franz als Kaiser an. Durch die beiden ersten Schlesischen Kriege war Preußens Macht so gestiegen, daß es im deutschen Reiche ebenbürtig neben Österreich trat; zugleich war es eine Großmacht geworden, deren Stimme im Rate der Völker Europas gehört werden mußte. Den jungen Preußenkönig aber nannte man „Friedrich den Großen“.
Zehn Jahre Friedenszeit.
In der nun folgenden Friedenszeit war der König eifrig für das Wohl des Landes tätig. Das Heer vermehrte er auf 140.000 Mann und führte zur Ausbildung der Truppen alljährliche große Herbstübungen (Manöver) ein. Er sammelte auch einen Kriegsschatz von 14 Millionen Talern.
Erholung fand Friedrich in der Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft. In Berlin erbaute er das Opernhaus. Friedrich verfaßte auch verschiedene gelehrte Schriften in französischer Sprache, für die er von Jugend auf eine besondere Vorliebe hatte.
Auf einer Anhöhe bei Potsdam ließ er nach selbstentworfenen Plänen das Lustschloß Sanssouci (ohne Sorge) errichten wo er den größten Teil des Jahres, jeden Tag in streng geregelter Tätigkeit verbrachte und versammelte dort einen Kreis gelehrter Männer um sich.Im Sommer stand er schon um 3 Uhr, selten nach 4 Uhr auf und vor Tisch ritt er gewöhnlich aus. Bei großer Kälte ging er auch wohl zu Fuß; aber sowohl beim Reiten als beim Gehen trug er einen Krückstock und war in der Regel von 3 bis 4 Windspielen, seinen Lieblingen, begleitet. Der König schmückte sein Schloß mit herrlichen Gemälden und mit auserlesenen Werken der Bildhauerei. Eifrig pflegte er die Musik und spielte selbst bei den abendlichen Konzerten meisterlich die Flöte. Erst um Mitternacht ging er zu Bett. Alljährlich im Mai machte der König Reisen durch sein Land, musterte die Truppen und sah nach, ob alle seine Beamten ihre Schuldigkeit taten. Auf der Reise hatte jedermann Zutritt zu ihm und durfte ihm seine Bitte oder Klage vortragen.