Freie und Hansestadt Lübeck 1871 bis heute.
Lübeck ist ein Deutscher Bundesstaat, dessen Gebiet zwischen 53°32´-54° nördlicher Breite und zwischen 10°29´-10°53´ östlicher Länge gelegen ist, das teils aus einem abgeschlossenen, von der Ostsee, Holstein, dem oldenburgischen Fürstentum Lübeck, Lauenburg und Mecklenburg begrenzten Ganzen, teils aus einzelnen Enklaven in Lauenburg, im Fürstentum Lübeck und in Mecklenburg-Strelitz besteht. Es wird eingeteilt in die Stadt Lübeck mit seinen Vorstädten, das Städtchen Travemünde und die Landbezirke. Lübeck enthält 2 Städte, 49 Dörfer, 34 Höfe.
Größe der Freien und Hansestadt Lübeck:
- 1888: 297,7 km²
- 1905: 298 km² (5,41 Quadratmeilen)
Das Wappen der Freien und Hansestadt Lübeck ist der zweiköpfige rotbewehrte schwarze Adler mit einem weiß über rot geteilten Brustschild. Im großen Staatswappen erscheint der Adler in einem goldenen Schilde, der von zwei naturfarbenen Löwen gehalten wird. Die Landesfarben der Freien und Hansestadt Lübeck sind Weiß und Rot. Stimmen im Bundesrat: 1. Abgeordnete im Reichstag: 1.
Postämter des Lübecker Stadtpostamtes bestanden seit 1814. Zusätzlich existierten daneben von 1740 bis 1845 das Hannoversche Postamt, von 1852 bis 1868 das Königlich-Dänische Postamt mit Verwendung dänischer Marken und von 1814 bis 1867 das Thurn und Taxissche Postamt.
Die erste Briefmarke Lübecks wurde am 1. Januar 1859 eingeführt. Die Freie und Hansestadt Lübeck besaß bis 31.12.1867 eine eigene Posthoheit. 1868 übernahm der Norddeutsche Bund (Norddeutscher Postbezirk) den Postdienst in Lübeck.
Währungen und Münzen:
- bis 1870: 1 Mark Courant = 16 Schillinge = 32 Sechslinge,
- ab 1871: 1 Mark = 100 Pfennig.
Militär (1881):
Seither gehört die Freie Stadt Lübeck zum IX. Armeekorps, 33. Brigade LW.
Wirtschaft (1881):
Lübeck ist eine bedeutende Handelsstadt mit ansehnlicher Reederei. Industrie nicht hervorragend. Auf je 1000 Einwohner kommen 248,8 Gewerbetreibende. In Lübeck kamen 1878 an 2.263 Seeschiffe mit 305.185 Registertonnen, 1.325 Flusschiffe mit l. 042.863 Zentner. Die gesamte Einfuhr betrug 1878: 10.997.456 Zentner im Wert von 188 Millionen Mark, davon seewärts 5.914.214 Zentner im Wert von 47 Millionen Mark. Die gesamte Ausfuhr 7 524.241 Zentner im Wert von 186 Millionen Mark, davon seewärts 2.615.658 Zentner im Wert von 118 Millionen Mark. Früher war Lübeck Freihafen. Seit 11. August 1868 gehörte das ganze Staatsgebiet dem Zollverein an.
Was die Benutzung des Bodens betrifft, so kamen 1903 auf Äcker und Gärten 57,7 %, auf Wiesen 9 %, auf Weiden 2,8 %, auf Waldungen 13,6 %, auf Haus- und Hofräume, Wege, Gewässer 16,9 % des Areals. Die Landwirtschaft wird in derselben Weise wie in Holstein betrieben. In dem die Stadt umgebenden Bezirk ist der Gartenbau nebst Kunst- und Handelsgärtnerei, die bedeutenden Absatz über die See haben, Hauptbeschäftigung.
Der Handel und die gewerbliche Tätigkeit konzentrieren sich in der Stadt Lübeck. Nach der Berufszählung von 1900 waren im Staate Lübeck 40,2 % der Erwerbstätigen in der Industrie, 29 % in den Handels- und Verkehrsgewerben beschäftigt.
Geschichte der Freie und Hansestadt Lübeck.
819 entstand eine erste slawische Burganlage am Zusammenfluss von Trave und Schwartau. 1072 wurde die Stadt als „Liubice“ erstmals urkundlich erwähnt. 1138 zerstörten heidnische Slawen die Stadt. 1143 gründete Graf Adolf II. von Schauenburg-Lübeck sie als Deutsche Stadt auf der Halbinsel zwischen Trave und Wakenitz. 1157 brannte die Stadt völlig nieder. 1159 gründete Herzog Heinrich der Löwe Lübeck ein zweites Mal. 1358 fand der erste Hansetag in Lübeck statt. 1531 wurde Lübeck protestantisch. 1669 fand in Lübeck der letzte Hansetag statt. Die Kontinentalsperre (1806 -1812) fügte der Stadt großen Schaden zu. Nachdem Lübeck kurze Zeit zu Frankreich gehört hatte, wurde es Ende 1813 befreit und durch die Wiener Kongressakte 1815 als Freie Stadt anerkannt. Von 1815 bis 1866 gehörte die Stadt Lübeck zum Deutschen Bund. Am Deutsch-dänischen-Krieg 1849 nahmen auch Lübecks Truppen teil. Am 18. August 1866 trat Lübeck dem Bündnisvertrag zwischen dem Königreich Preußen und den übrigen Staaten des Norddeutschen Bundes bei. Während des Deutschen Krieges nahm Lübeck mit seinem Kontingent, einem Bataillon Infanterie, in der Oldenburgisch-Hanseatischen Brigade an den Operationen der Preußischen Mainarmee teil. Am 27. Juni 1867 schloss Lübeck eine Militärkonvention mit Preußen. Am 11. August 1868 trat Lübeck in den Zollverein ein, nachdem besonders für seinen bedeutenden Weinhandel sowie für das nordische Geschäft Zugeständnisse gemacht worden sind.
Administrative Gliederung der Freie und Hansestadt Lübeck.
Das Staatsgebiet besteht aus 3 Verwaltungsbezirken. Das Gebiet der Freien und Hansestadt Lübeck besteht aus einem größeren und elf kleineren Teilen und enthält 2 Städte, 49 Dörfer, 34 Höfe.
Die Freie und Hansestadt Lübeck hat (seit 1868 ohne Beigedorf) 298,72 km². Der zusammenhängende Hauptteil, 20.247 Hektar mit der Stadt Lübeck, liegt an der Mündung der Wakenitz in die Trave. Von den 3 Exklavengruppen Lübecks liegt die eine von 3 Gemeinden in Nordwesten im Oldenburgischen, die andere 2 Gemeinden im Strelitz’sehen Fürstentum Ratzeburg, die dritte Exklave aus 5 Gemeinden südlich von Lübeck in Lauenburg. Administrativ gliedert sich der Lübecksche Staat in Stadt Lübeck mit Vorstädten St. Jürgen, St. Lorenz, St. Gertrud mit 44.799 Einwohnern, das Städtchen Travemünde mit 1719 Einwohner sowie die Landbezirke Ritzerau, Mühlenthor, Holstenthor, Burgthor, Travemünde mit 10.394 Einwohnern. (Stand 1881)
- Stadt Lübeck: Lübeck mit den Vorstädten St. Jürgen, St. Lorenz, St. Gertrud.
- Landgebiet der Stadt Lübeck mit dem Amt Travemünde mit folgenden Gemeinden: Albsfelde, Behlendorf, Beidendorf, Blankensee, Brodten, Dissau, Düchelsdorf, Dummersdorf, Genin, Giesensdorf, Gneversdorf, Gothmund, Groß Schretstaken, Harmsdorf, Herrenwyk, Hollenbeck, Israelsdorf, Ivendorf, Klein Schretstaken, Krempelsdorf, Kronsforde, Krumbeck, Krummesse, Kücknitz, Kurau, Malkendorf, Moisling, Moorgarten, Niederbüssau, Niendorf, Nusse, Oberbüssau, Poggensee, Pöppendorf, Reecke, Ritzerau, Rönnau, Schattin, Schlutup, Schönböcken, Siems, Sierksrade, Strecknitz, Teutendorf, Tramm, Travemünde, Utecht, Vorrade, Vorwerk, Wesloe, Wulfsdorf.
Senat und Bürgerschaft der Freie und Hansestadt Lübeck.
Die Verfassung des Freistaats ist republikanisch. Nach der Verfassung vom 7. April 1875 und 9. August 1905 steht die Staatsgewalt dem Senat und der Bürgerschaft gemeinschaftlich zu. Die hauptsächlichen Zweige der Staatsverwaltung stehen unter der Leitung von besonderen Behörden (Departements oder Deputationen), zusammengesetzt aus Mitgliedern des Senats, deren eins den Vorsitz führt und aus bürgerlichen Deputierten; mehrere Behörden, wie das Polizeiamt, das Medizinalamt und das Stadt- und Landamt, werden ausschließlich aus Mitgliedern des Senats gebildet. Das Staatsbudget für 1905 war in Einnahme und Ausgabe auf 7.646.972 Mark festgesetzt. Neben dem Staatsbudget steht ein solches der Stadt, das zuzüglich derjenigen der öffentlichen Wohltätigkeitsanstalten mit 3.396.318 Mark balanciert. Unter den Staatseinnahmen betrugen: Zinsen 492.250 Mark, direkte Steuern 2.707.000, indirekte Steuern 1.474.980, Ertrag der Domänen 720.897 Mark. Hauptsächliche Steuer ist die 1870 eingeführte Einkommensteuer, deren Ertrag für 1905 auf 2.365.000 Mark angesetzt war. Daneben waren die Hafenabgaben auf 433.700 Mark, der Anteil an den Zöllen und Stempelabgaben des Reiches auf 368.230 Mark berechnet. Dagegen betrug der für Lübeck ausgeschriebene Matrikularbeitrag 459.770 Mark. Die Staatsschuld betrug Anfang 1905: 41.273.520 Mark.
- Der Senat besteht aus 14 Mitgliedern, von denen 8 dem Gelehrtenstand (davon mindestens 6 Rechtsgelehrte) und unter den übrigen 6 mindestens 5 dem Kaufmannsstand angehören müssen. Wählbar ist jeder Bürger, der das 30. Lebensjahr vollendet hat und sich im vollen Genuß der bürgerlichen Rechte befindet. Die Wahl geschieht durch eine für jeden Erledigungsfall besonders zu ernennende, aus einer gleichen Zahl von Mitgliedern des Senats und der Bürgerschaft bestehenden Kommission. Der Erwählte bekleidet sein Amt lebenslänglich. Der Vorsitzende des Senats, den dieser selbst aus seiner Mitte auf je zwei Jahre wählt, führt während dieser Zeit den Titel Bürgermeister mit dem Prädikat Magnifizenz. Dem Senat als Regierung steht die Aufsicht über sämtliche Zweige der Verwaltung und über die Justizbehörden zu; ihm und der Stadt leisten die Bürger den Eid der Treue; er bewahrt Siegel und Archive der Stadt; er ernennt und beeidigt den größten Teil der Staatsbeamten, übt das Begnadigungsrecht und unter Mitwirkung der Bürgerschaft, das Recht der Gesetzgebung.
- Die Bürgerschaft besteht aus 120 Mitgliedern; Wähler und wählbar ist jeder im vollen Genuß der bürgerlichen Rechte stehende Staatsbürger, der das 25. Lebensjahr vollendete, seit dem 1. April des vierten dem Jahre der Wahl vorangehenden Jahres dauernd seinen Wohnsitz im lübeckischen Staatsgebiete gehabt und während dieser Zeit alljährlich Einkommensteuer bezahlt hat. Die Wahlen geschehen in zwei Abteilungen, und zwar wählen in der ersten Abteilung diejenigen Bürger, die in den letzten drei Steuerjahren vor der Wahl durchschnittlich mehr als 2000 Mark versteuert haben, 105 Vertreter, in der zweiten Abteilung alle übrigen 15 Vertreter. Die Bürgerschaftsmitglieder bekleiden ihr Amt sechs Jahre und werden alle zwei Jahre durch Neuwahlen zum dritten Teil ergänzt. Ein von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte auf zwei Jahre gewählter und alljährlich zur Hälfte durch Neuwahlen zu ergänzender Ausschuß von 30 Mitgliedern übt die Rechte der Bürgerschaft aus bei Geldbewilligungen bis zur Höhe von 6000 Mark auf einmal oder 300 Mark jährlich und bei Fragen über Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken bis zu einem Wert von 12.000 Mark. Außerdem obliegt dem Bürgerausschuß die vorgängige Begutachtung aller an die Bürgerschaft zu richtenden Senatsanträge.
Gerichtswesen:
Lübeck gehört zum Bezirk des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg und ist Sitz eines mit dem Großherzoglich-Oldenburgischen Fürstentum Lübeck gemeinsamen Landgerichts sowie eines Amtsgerichts, je eines Gewerbe- und Kaufmannsgerichts.
Letzte Regierung 1918.
Bürgermeister:
Emil Ferdinand Fehling, seit 1896
Senatoren:
Johann Hermann Eschenburg, seit 1884. Ruhestand im November 1918
Johann Georg Eschenburg, seit 1885. Ruhestand am 11. November 1918
Alfred Stooß, seit 1897
Eduard Friedrich Ewers, seit 1899
Emil Possehl, seit 1901
Eugen Emil Arthur Kulenkamp, seit 1902
Johann Heinrich Evers, seit 1903
Johann Martin Andreas Neumann, seit 1904
Julius Vermehren, seit 1904.
Eduard Rabe, seit 1905. Bis 11. November 1918
Johann Paul Leberecht Strack, seit 1906
Georg Kalkbrenner, seit 1907
Cay Diedrich Lienau, seit 1908