Fürstentum Reuß älterer Linie 1790 bis heute.
Reuß sind zwei Deutsche Fürstentümer: Reuß älterer Linie (Reuß-Greiz) und Reuß jüngerer Linie (Reuß-Schleiz-Gera), deren Gebiet aus zwei getrennten Teilen besteht, wovon der nördliche (Unterland) an den Preußischen Regierungsbezirk Merseburg, das Herzogtum Sachsen-Altenburg und das Großherzogtum Sachsen-Weimar grenzt, während der größere südliche Teil (Oberland) von Schwarzburg-Rudolstadt, dem Preußischen Kreis Ranis, dem Großherzogtum Sachsen-Weimar, den Königreichen Sachsen und Bayern (Oberfranken) sowie dem Herzogtum Sachsen-Meiningen eingeschlossen wird.
Im allgemeinen ist das Land gebirgig, indem es von einem Teil des Thüringer Waldes (dem sogenannten Frankenwald) sowie von einem Teil des zwischen diesem und dem Erzgebirge befindlichen vogtländischen Mittelgebirges durchzogen wird. Die bedeutendsten Spitzen sind: der Sieglitz (747 m) und der Kulm (779 m). Die Hauptgewässer sind: die Saale mit der Selbitz, Lemnitz, Friesau, Wetterau und Sormitz im westlichen und die Weiße Elster mit der Göltzsch im östlichen Teile des Landes. An der südlichen Grenze entspringt die Rodach, die zum Main geht. Das Oberland führt an zahlreichen Punkten Stahlquellen, von denen die in der Nähe von Lobenstein gefasst sind und Anlass zu der Begründung der dortigen Bade- und Heilanstalt gaben. Das Klima ist gemäßigt, um den Frankenwald etwas rauh, in den Gegenden an der Saale und um Gera weit milder.
Die Fürstentümer Reuß haben einen Flächeninhalt von 1143,01 km² mit (1905) 215.187 Einwohner, wovon auf Reuß älterer Linie 316,3 km² mit 70.603 Einwohner, auf Reuß jüngerer Linie 826,71 km² mit 144.584 Einwohner kommen. Reuß älterer Linie zählt 2 Städte, 2 Marktflecken und 71 Dörfer, Reuß jüngerer Linie 6 Städte, 4 Marktflecken und 163 Dörfer. Städte mit über 10.000 Einwohner sind Greiz (23.118) und Gera (46.909).
Das Wappen beider Fürstentümer hat vier Felder, in deren erstem und viertem ein rot gekrönter, goldener, doppelt geschwänzter Löwe in Schwarz (wegen Reuß), in deren zweitem und drittem ein goldener Kranich in Silber (wegen Kranichfeld); der Schild ist mit drei Helmen bedeckt und wird von zwei Löwen gehalten, die bei Reuß älterer Linie golden, bei Reuß jüngerer Linie schwarz-silbern sind. Die Devise, auf blauem Bande, lautet: „Ich bau auf Gott.„
Die Landesfarben des Fürstentums Reuß älterer Linie sind Schwarz, Rot und Gelb.
Bundesrat:
1 Stimme
Reichstag:
1 Wahlkreis und 1 Abgeordneter
Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums Reuß älterer Linie:
Greiz – 23.114 Einwohner (1905) – 191. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs. Die Stadt Greiz entstand als Deutsche Burg im slawischen Umland.
Gemäß der Aufstellung der Generalverordnung vom 30. Dezember 1861 besorgte die Thurn und Taxissche Post auf Grund von Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 den Postdienst bis zum 30. Juni 1867 im Fürstentum Reuß älterer Linie.
Ab 1. Juli 1867 übernahm die Preußische Post den Postdienst. Das gesamte Preußische Postwesen ging am 1. Januar 1868 auf den Norddeutschen Bund (Norddeutscher Postbezirk) über. Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 bestimmte u. a. dass die unmittelbare Posthoheit, mit Ausnahme des inneren Verkehrs im Königreich Bayern und im Königreich Württemberg, dem Deutschen Reich zusteht.
Währungen und Münzen:
- bis 1875: 1 Taler = 30 Groschen = 360 Pfennige,
- ab 1875: 1 Mark = 100 Pfennig.
Das Fürstentum Reuß älterer Linie gehört 1881 zum Ersatzbezirk des IV. Armeekorps. 1905: In militärischer Hinsicht bilden die Truppen der beiden Reuß mit denen von Schwarzburg-Rudolstadt das 7. thüringische Infanterieregiment Nr. 96, das der 38. Division des 11. Preußischen Armeekorps (Kassel) zugewiesen ist. In Gera befindet sich der Regimentsstab und außerdem ist dort ein Bataillon dieses Regiments stationiert, von dem allmonatlich ein kleines Detachement (Truppenabteilung) nach Greiz abgeschickt wird.
Wirtschaft:
Die Reußischen Fürstentümer gehören zu den industriereichsten Gebieten Deutschlands – Strumpfwirkindustrie, Tischlerhandwerk und Gummi- und Strickwarenfabrik. Obgleich die Reußischen Lande wegen ihrer gebirgigen Beschaffenheit die Landwirtschaft nicht zu begünstigen scheinen, so wird diese doch mit großer Sorgfalt betrieben.
Ahnherr des Hauses Reuß ist Erkenbert, Herr von Weida (um 1122). Der Deutsche Kaiser Heinrich VI., nach dem die männlichen Nachkommen angeblich den Namen Heinrich führen, verlieh dem Hause die Reichsvogteien Plauen (1569 an Kursachsen), Weida (1411 an Meißen) und Gera. Heinrich, Vogt von Plauen (gestorben vor 1296), erhielt infolge seiner Heirat mit der Tochter einer russischen Fürstin den Beinamen „Reuß“ (Deutsches Wort für Russe), der seinen Nachkommen blieb. Die Vorfahren des Reußischen Fürstenhauses waren im 12. Jahrhundert Kaiserliche Vögte im Sorbenland (Vogtland) und wurden allmählich selbstständig.
Alle Fürsten und Prinzen des Hauses Reuß führen den Namen Heinrich, wobei die ältere Linie alle hintereinander bis hundert, die jüngere bis zum Ende eines Jahrhunderts fortzählt und dann von vorne anfängt.
Im Aussterben der einen Linie fällt das Land an die andere. 1802 legte ein verheerender Brand die Stadt Greiz in Schutt und Asche. Fürst Heinrich XXII. stand bis 1867 unter Vormundschaft seiner Mutter Caroline von Hessen. Sie war streng konservativ gesinnt und entschied sich im Deutschen Krieg von 1866 gegen Preußen. Preußen okkupierte daraufhin das kleine Fürstentum und erst am 26. September 1866 schloss Caroline Frieden mit Preußen. Das Land musste 100.000 Taler Kriegsstrafe zahlen und dem Norddeutschen Bund beitreten. Heinrich XXII. führte bei seinem Regierungsantritt eine neue ständische Volksvertretung mit allerdings wenig weitgreifender Mitwirkung bei der Finanzverwaltung und Gesetzgebung ein. Am 1. Juli 1867 ging die Militärhoheit im Fürstentum an Preußen über, 1871 wurde Reuß älterer Linie Bundesstaat des Deutschen Reiches.
Regenten:
Fürsten von Reuß älterer Linie 1790 – 1918.
Regierendes Fürstenhaus: Ahnherr Erkenbert von Weida (um 1120), Stammvater Heinrich (geb. 1506).
- 1743 – 1800 Heinrich XI. (1722 – 1800).
- 1800 – 1817 Heinrich XIII. (1747 – 1817).
- 1817 – 1836 Heinrich XIX. (1790 – 1836).
- 1836 – 1859 Heinrich XX. (1794 – 1859).
- 1859 – 1867 vormundschaftlich: Caroline von Hessen-Homburg (1819 – 1872).
- 1867 – 1902 Heinrich XXII. (1846 – 1902).
- 1902 – 1918 Heinrich XXIV. (1878 – 1927), (einziger Sohn Heinrich XXII. war infolge eines Unfalls regierungsunfähig).
Regentschaft durch:
- 1902 – 1908 Heinrich XIV. j. L. (1832–1913).
- 1908 – 1928 Heinrich XXVII. j. L. Erbprinz, Regent und (seit 1913) Fürst j. L. (1858–1928).
- 1928 – 1945 Heinrich XLV.
- 1945 – 2012 Heinrich IV. Fürst Reuß-Köstritz
- 2012 bis heute Heinrich XIV.
Landesparlament des Fürstentums Reuß älterer Linie.
12 Abgeordnete, von denen 3 vom Landesherren ernannt, die übrigen als Vertreter des Großgrundbesitzes (2) direkt, der Städte (3) und Landgemeinden (4) indirekt auf sechs Jahre gewählt werden.
Gerichtsorganisation (1881).
Für Thüringen besteht ein gemeinsames Oberlandesgericht in Jena. Das Fürstentum hat ein Landesgericht in Greiz und Amtsgerichte in Burgk, Greiz und Zeulenroda.
Administrative Gliederung des Fürstentums Reuß älterer Linie.
Das Fürstentum Reuß älterer Linie hat ein Landratsamt für das gesamte Land und zwei Stadtverwaltungen.
Das Fürstentum Reuß älterer Linie, 316,7 km² groß, besteht aus 2 Städten, 2 Marktflecken und 71 Dörfern: Stadt Greiz und Stadt Zeulenroda, sowie die Gemeinden Altgernsdorf, Altgommla, Arnsgrün, Bernsgrün, Brückla, Büna, Burgk, Caselwitz, Cossengrün, Crispendorf, Daßlitz, Dobia, Dölau (Döhlau), Dörflas, Erbengrün, Eubenberg, Fraureuth, Friesau, Fröbersgrün, Frotschau, Gablau, Görschnitz (nur teilweise zu Reuß älterer Linie, der andere Teil gehört zum Königreich Sachsen), Gottesgrün, Grochwitz, Hain, Hainsberg, Herrmannsgrün, Hohenölsen (nur teilweise zu Reuß älterer Linie, der andere Teil gehört zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach), Hohndorf, Irchwitz, Kahmer, Kauern, Kleinreinsdorf, Kühdorf, Kurtschau, Leiningen, Lunzig, Mehla, Mohlsdorf, Mönchgrün, Möschlitz, Moschwitz, Naitschau, Neudörfel, Neugernsdorf, Neugommla, Neundorf, Nitschareuth, Obergrochlitz, Pahnstangen, Plothen (nur teilweise zu Reuß älterer Linie, der andere Teil gehört zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach) , Pohlitz, Pöllwitz (nur teilweise zu Reuß älterer Linie, der andere Teil gehört zum FürstentumReuß jüngerer Linie), Raasdorf, Rauschengesees, Reinsdorf, Remptendorf, Reudnitz, Röppisch, Rothenthal, Sachswitz, Schönbach, Schönbrunn, Schönfeld, Sorge (nur teilweise zu Reuß älterer Linie, der andere Teil gehört zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach), Tschirma, Untergrochlitz, Waltersdorf, Wellsdorf, Wildetaube, Wolfshain, Zoghaus, Zoppoten.