Der König als Staatsoberhaupt.
Der König ist das souveräne Oberhaupt des Staates. Er benötigt die Zustimmung der Stände, wenn er Oberhaupt eines anderen Staates werden oder den Hauptaufenthalt außerhalb des Landes einnehmen möchte. Die Krone ist erblich im Mannesstamm des sächsischen Fürstenhauses, nach dem Recht der Erstgeburt und der agnatischen (männliche Blutsverwandtschaft) Linealfolge mit Abstammung aus ebenbürtiger Ehe. Bei Fehlen eines männlichen Erben wird ausnahmsweise die weibliche Linie mit obigen Bedingungen gewählt.
Stellung des Königs zur Staatsverfassung.
Der König ist das souveräne Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unter den durch die Verfassung festgesetzten Bestimmungen aus.1
Dem König gebührt die Staatsgewalt über die Kirche (s. Kirchenhoheit), die Kirchengewalt über die evang.-luth. Kirche, die Einberufung, der Schluss, die Vertagung und Auflösung der Kammern, die Vorlegung der Gesetzentwürfe an die Stände, ihre Zurücknahme während der ständischen Beratung, die Verkündung der Gesetze und der Erlass der Vollzugsbestimmungen, die Entgegennahme von Beschwerden, die Anordnung schleuniger finanzieller Maßregeln vorbehaltlich ständischer Genehmigung und die Sanktion aller auf Landesangelegenheiten bezüglichen Beschlüsse. 2
Die Person des Königs ist heilig und unverletzlich. 3
Der König verspricht beim Regierungsantritt in Gegenwart des Gesamtministeriums und der Kammerpräsidenten die Verfassung zu beobachten und zu schützen. 4
Alle vom König vollzogenen Verfügungen sind von dem beteiligten Minister zum Zeichen seiner Verantwortlichkeit gegenzuzeichnen.5
Die weiteren Bestimmungen betreffend die Thronfolge, die Regierungsverwesung und den Regentschaftsrat.
Als Haupt des königlichen Hauses übt der König die Aufsicht über dessen Mitglieder nach Maßgabe der Gesetze vom 30. Dez. 1837 6 und vom 20. Aug. 1879.7 Der König wird volljährig mit erreichtem 18. Lebensjahre. 8
Das Privateigentum des Königs besteht in demjenigen, was er vor der Thronbesteigung bereits besessen hat und was er während seiner Regierungszeit aus Privatrechtstiteln erwirbt. Soweit er hierüber nicht unter Lebenden oder auf den Todesfall verfügt, wächst es bei seinem Ableben dem königlichen Hausfideikommiß zu. 9
1 Sächsiche Verfassungsurkunde § 4
2 Sächsische Verfassungsurkunde § 112
3 Sächsische Verfassungsurkunde § 4
4 Sächsische Verfassungsurkunde § 138
5 Sächsische Verfassungsurkunde § 43
6 Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1838. (4) S. 60
7 Ebenda S. 323
8 Hausgesetz § 61, Sächsische Verfassungsurkunde § 8, Roees vom 17. Febr. 1875 S. 71 § 2
9 Gesetz vom 13. April 1888 S. 109, 111
Aufgaben des Königs.
Dem Monarchen steht die vollziehende Gewalt zu (Exekutive).
Dabei wird der König unmittelbar durch die Verfassung des Staates zu seiner Stellung berufen. Er erläßt und promulgiert (wird durch Veröffentlichung in Kraft gesetzt) die Gesetze, mit Bezug auf die erfolgte Zustimmung der Stände.1
Der König hat mindestens alle zwei Jahre einen ordentlichen Landtag einzuberufen und außerordentliche, so oft es die Gesetzgebungs- oder andere dringende Angelegenheiten erfordern.2
Der König eröffnet und entläßt die Ständeversammlung entweder in eigener Person, oder durch einen dazu bevollmächtigten Vertreter.3
Der König ernennt Mitglieder der ersten Kammer der Ständeversammlung auf Lebzeit. Der Präsident der ersten Kammer wird vom König aus der Mitte der Herrschafts- und Rittergutsbesitzer gewählt und darf nicht im Ausland wohnen.4
In Friedenszeiten ist der König Befehlshaber der sächsischen Armee. Reichsverfassungsmäßig besteht eine Kontingentsherrlichkeit, Anstellung der Offiziere und Militärbeamten. Die Truppen haben den Eid auf den König und zugleich dem Deutschen Kaiser zu leisten. Friedrich August III. war der erste Sächsische Prinz der diesen Eid leistete.
Die Minister werden vom König frei ernannt und entlassen, sie haben den Charakter staatlicher Organe, denn sie werden im Namen und als Repräsentanten des Staates tätig, der Landtag hat auf die Ministerernennung keinen rechtlichen Einfluß. Gesetze werden vor der Veröffentlichung vom König unterzeichnet, mit Gegenzeichnung der entsprechenden Minister die dann die Verantwortung übernehmen.5
Dem König steht das Aufsichts- und Disziplinarrecht über die Mitglieder des königlichen Hauses, laut Verfassung und Hausgesetz zu. Der Eheschließung des Prinzen und Prinzessinnen, muß die königliche Einwilligung vorangehen, sonst ist die Ehe ungültig und die Nachkommenschaft ist nicht successionsfähig (Thronfolgeberechtigt), es geht um das Fortbestehen des Staates. Auch seine eigene Eheschließung, sowie die Zeugung von Kindern und des männlichen Nachkommen, bedeutet Sicherheit und Fortbestehen für Staat und Volk.6
1 Sächsische Verfassung §§ 86/87
2 Sächsische Verfassung § 115
3 Sächsische Verfassung § 117
4 Sächsische Verfassung § 63, Pkt. 13, 16, 17 und § 67
5 Bazille, Reichs- und Landesverfassung 1906, Seite 87, III. Die Regierungsrechte des Monarchen, Sächsische Verfassung § 42
6 Sächsische Verfassung §§ 4, 6; Hausgesetz § 8
Quellangaben und Verweise.
Aus Deutsche Staatsgrundgesetze. Heft 6. Verfassungsurkunde des Königreichs Sachsen. Vom 4. September 1831.
Aus Staatshandbuch für das Königreich Sachsen auf das Jahr 1914.