Vierter Abschnitt

Von dem Staatsdienste


§ 41

1) Ministerial-Departements, Gesamtministerium, Staatsrat

(1) Es bestehen die Ministerial-Departements der Justiz, der Finanzen, des Innern, des
Krieges, des Kultus und der auswärtigen Angelegenheiten, deren Vorstände den Ständen verantwortlich sind.21

(2) Diese Vorstände bilden das Gesamt-Ministerium, als die oberste kollegiale Staatsbehörde.22

(3) Auf den Vorstand des Ministerii des Kultus, welcher stets der evangelischen Konfession zugetan sein muß, in Gemeinschaft mit wenigstens zwei andern Mitgliedern des Gesamt-Ministerii derselben Konfession, geht der bisherige Auftrag in Evangelicis über. Zu seinem Wirkungskreis gehören die in § 57 bezeichneten Angelegenheiten aller Konfessionen.

(4) Es kann ein Staatsrat gebildet werden, zu welchem außer den Vorständen der Ministerial-Departements, diejenigen Personen gezogen werden, welche der König geeignet findet.23


§ 42

2) Verantwortlichkeit der Staatsdiener

Alle Staatsdiener sind für ihre Dienstleistung verantwortlich.24


§ 43

Kontrasignatur der Königlichen unmittelbaren Verfügungen

(1) Alle Verfügungen in Regierungsangelegenheiten, welche der König unterzeichnet, müssen von dem Vorstande eines Ministerial-Departements, welcher bei der Beschlußnahme wirksam gewesen ist, in der Reinschrift, zum Zeichen seiner Verantwortlichkeit für die Zweckmäßigkeit und Übereinstimmung derselben mit den Gesetzen und der Verfassung des Landes, kontrasigniert werden.25

(2) Eine solche mit der erforderlichen Kontrasignatur nicht bezeichnete Verfügung ist als
erschlichen zu betrachten und daher unverbindlich.


§ 44

3) Vorbehaltene Bestimmungen über die Verhältnisse der Staatsdiener

Die Verhältnisse der Staatsdiener, worunter jedoch der Hofdienst nicht mit begriffen ist,
sollen durch ein besonderes Gesetz26 näher bestimmt werden, in welchem vorzüglich die nötige Unabhängigkeit des Richteramts berücksichtigt werden wird.


21 Den Geschäftskreis der Ministerien s. unten in der VO. v. 7. Nov. 1831. Hins. der Staatsdienerverhältnisse der Minister bestimmt das Staatsd.-Ges. v. 1835 § 4 Abs. 4 (s. zu § 41 der VU.) „Die Staatsminister ernennt und entlässt der König nach eigener freier Entschließung“ und § 9 Abs. 5 u. 6 dess. Ges. bestimmt „Die Vorstände der Ministerien können sich nicht entbrechen, wenn sie auf Anordnung des Königs oder auf ihr eigenes durch ihre verfassungsmäßige Verantwortlichkeit begründetes Ansuchen der Direktion des Departements enthoben werden, auch eine andere Stelle anzunehmen, sobald solche nur eine dem Ministerposten zunächst stehende, mindestens drei Fünftel des bisherigen Gehalts gewährende ist.“ „Fände eine solche Anstellung nicht statt, so hat sich der ausscheidende Vorstand mit einem Wartegeld in gleicher Höhe zu begnügen; jedoch leiden die Bestimmungen wegen der Pensionierung sowohl als die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes, insoweit rücksichtlich ihrer nicht etwas Anderes angeordnet ist, auf sie ebenfalls Anwendung.“
22 Der Geschäftskreis des Gesamtministeriums wird durch § 4G der VO. v. 7. Nov. 1831 im Allg. bestimmt.
23 Dieser fakultative Staatsrat wurde durch VO. v. 16. Nov. 1831 errichtet, an deren Stelle weiterhin die VO. v. 29. Mai 1855 trat. Gegenwärtig besteht der Staatsrat tatsächlich nicht mehr und ist im Staatshandbuch nicht mehr aufgeführt.
24 Ges. Die Verhältnisse der Zivilstaatsdiener betr. v. 7. März 1835 § 7 Abs. 2.:
„Die dem Staatsdiener obliegende Beobachtung der Staatsverfassung berechtigt keinen Diener, die Anordnungen seines Vorgesetzten, deren Übereinstimmung mit der Verfassung und den Gesetzen ihm zweifelhaft dünkt, bei Seite zu setzen;
vielmehr hat er demselben ohne Verzug nachzugehen, und es bleibt ihm unbenommen, sein diesfallsiges Bedenken der vorgesetzten Behörde anzuzeigen. Er kann daher solchenfalls wegen Befolgung der Anordnung nicht zur Verantwortung gezogen werden, vielmehr trifft die Verantwortlichkeit denjenigen, der die Anordnung erteilt hat.“
Die disziplinäre Verantwortlichkeit ist in der Staatsdiener-Gesetzgebung geordnet (bes. Ges. v. 1876) s. zu § 44. 25 S. dazu § 5 Abs. 2 der VO. v. 7. Nov. 1831. Neben die vom König selbst vollzogene vom Minister kontrasignierte Anordnung tritt die Anordnung des Ministers auf Befehl des Königs.
Weiter bezieht sich auf den § 43 noch § 110, Abs. 2 der VU. und § 5 Abs. 4 der VO. v. 7. Nov. 1831.
26 Dies ist geschehen durch das Ges. betr. die Verhältnisse der Zivilstaatsdiener von 7. März 1835. Dazu die Änderungsgesetze vom
(24. April 1851, 29. Mai 1852) 9. April 1872, 5. März 1874, 3. Juni 1876, 23. März 1880, 1. Febr. 1890.
Die Unabhängigkeit des Richteramts und die besonderen Verhältnisse desselben sind im Staatsdienerges. v. 1835 § 4 Abs. 3 u. § 7 Abs. 2 berücksichtigt worden. Weiter erging im Anschluss an das RgerVerf. Ges. v. 27. Jan. 1877, § 1 flg. das S. Ausführungsgesetz v. 1. März 1879, § 16 flg. nebst dem Abänderungsges. v. 5. April 1892, und das besondere Gesetz, das Dienstverhältnis der Richter betreffend v. 20. März 1880. Der Eid der Richter ist durch das Ges. v. 20. Febr. 1879 und die VO. d. e. d. § 3 bestimmt.