Fürstentum Waldeck und Pyrmont 1812 bis heute.
Das Fürstentum Waldeck-Pyrmont ist ein zum Deutschen Reich gehöriger Bundesstaat und liegt im nordwestlichen Deutschland. Es besteht aus dem eigentlichen Fürstentum Waldeck und dem Fürstentum Pyrmont, welche Teile durch fremdherrliches Gebiet getrennt sind. Das Fürstentum Waldeck liegt zwischen den Preußischen Provinzen Westfalen und Hessen-Nassau, das Fürstentum Pyrmont zwischen dem Fürstentum Lippe, der Provinz Hannover, dem Herzogtum Braunschweig und Westfalen. Das Fürstentum Waldeck wird von Teilen des Rheinisch-Westfälischen Schiefergebirges durchzogen und gehört zu den am höchsten gelegenen Landstrichen zwischen Rhein und Weser. Die höchsten Punkte sind: der Hegekopf bei Stryck (846 m), der Ettelsberg (834 m) und der Pön (799 m) bei Usseln. Nach Südosten hin sinkt das Gebirge ab und erreicht hier im Kreis der Eder nur noch die Höhe von 600 m. Das Fürstentum Pyrmont besteht aus einem reizenden, vom westlichen Wesergebirge umschlossenen Tal und erhebt sich in seinen höchsten Punkten nur bis zu 375 m ü. M., während die tiefsten Punkte 75 m hoch liegen. Die Flüsse gehören zum Gebiete der Weser, nämlich im Fürstentum Waldeck die Eder mit der Werbe, Itter und Aar, die Diemel mit der Twiste, im Fürstentum Pyrmont die Emmer. Mineralquellen sind in Niederwildungen (Bad Wildungen) und Pyrmont.
Für die vereinigten Fürstentümer besteht ein gemeinsamer Landtag aus 12 Abgeordneten von Waldeck und 3 von Pyrmont. Zum Abgeordneten ist jeder männliche Staatsangehörige wählbar, der das 30. Lebensjahr zurückgelegt hat und mindestens 2 Jahre dem Staate angehört. Die Urwähler müssen 25 Jahre alt sein; Wahlmänner und Abgeordnete werden auf 3 Jahre gewählt. Die Leitung der Staatsverwaltung ist für die Dauer des mit Preußen abgeschlossenen Akzessionsvertrages vom 18.07.1867 dem Landesdirektor übertragen, den – wie sämtliche Staatsbeamte – der König von Preußen ernennt. Die Kreisverwaltung wird nach der Kreisordnung vom 16.08.1855 von Kreisamtmännern in den vier Kreisen mit einer Kreisvertretung (Kreisvorständen) besorgt, bestehend aus sechs Abgeordneten der Kreisgemeinden, die durch die von den Gemeinderäten der Ortsgemeinden erwählten Wahlmänner gewählt werden. Die Gemeindeordnung statuiert in allen Gemeinden Bürgermeister und Beigeordnete, die vom Gemeinderat auf sechs Jahre gewählt und von der Regierung bestätigt werden, und Gemeinderäte, deren Mitglieder von den ab 25-Jährigen, auf Grund des Zensus wahlberechtigten Gemeindegliedern, nach der Dreiklasseneinteilung gewählt werden.
Das Wappen des Fürstentums Waldeck und Pyrmont ist zweimal gespalten und zweimal geteilt mit Herzschild. Herzschild: in Gold ein schwarzer achtstrahliger Stern (Waldeck). 1 u. 9) In Silber ein rotes Ankerkreuz (Pyrmont). 2 u. 8) In Silber drei rote Schildchen (Rappoltstein). 3 u. 7) In Silber drei schwarze gekrönte Adlerköpfe (Hohenack). 4) In Blau ein gekrönter silberner Löwe mit Doppelschweif (Tonna). 5) Der Herzschild. 6) In Silber ein gekrönter roter Löwe mit Doppelschweif, das Feld mit blauen, schräg verstutzten Querschindeln belegt (Geroldseck).
Die Landesfarben des Fürstentums Waldeck und Pyrmont sind Schwarz, Rot und Gelb.
Waldeck-Pyrmont hat im Bundesrat eine Stimme. Die Ausübung des Waldeck-Pyrmontschen Stimmrechtes im Bundesrat obliegt Preußen in Vertretung für Waldeck-Pyrmont, da Preußen die gesamten Verwaltungsgeschäfte 1868 Waldeck-Pyrmonts übernommen hat.
Hauptstadt des Fürstentums Waldeck und Pyrmont:
Arolsen – 2.734 Einwohner (1900). Pyrmont ist Sommerresidenz des Fürsten und Badeort.
Größe des Fürstentums Waldeck und Pyrmont:
Das Fürstentum Waldeck und Pyrmont hat bei einem Flächeninhalt von 1121 km² (20,36 Quadratmeilen) 1905: 59.127 Einwohner (52,7/km²).
- das eigentliche Fürstentum Waldeck gliedert sich in die drei Kreise der Twiste, des Eisenberges und der Eder und hat 1055 km² (19,17 Quadratmeilen) Flächeninhalt und 49.965 Einwohner.
- das Fürstentum Pyrmont bildet einen Kreis und zählt auf 66 km² (1,19 Quadratmeilen) 9162 Einwohner.
Einwohner:
- 1875: 54.743
- 1885: 56.575
- 1905: 59.135
Seit dem Vertrag vom 18. Juli 1867 ist die Verwaltung der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont auf Preußen übergegangen. Militärkonvention mit Preußen (XI. Armeekorps).
Die Preußische Post regelte seit 1850 auch den Betrieb im Fürstentum Waldeck und Pyrmont. Das gesamte Preußische Postwesen ging am 1. Januar 1868 auf den Norddeutschen Bund (Norddeutscher Postbezirk) über.
Die Reichsverfassung vom 16. April 1871 bestimmte u. a., dass die unmittelbare Posthoheit, mit Ausnahme des inneren Verkehrs im Königreich Bayern und im Königreich Württemberg, dem Deutschen Reich zusteht.
Währungen und Münzen:
- bis 1875: 1 Taler = 30 Silbergroschen = 360 Pfennige,
- ab 1875: 1 Mark = 100 Pfennig.
Was die physische Kultur Waldecks anlangt, so entfallen von der gesamten Bodenfläche (1900) 42,84 % auf Äcker und Gärten, 7,93 % auf Wiesen, 6,74 % auf Weiden, 38,18 % auf Waldungen. Mit Land- und Forstwirtschaft beschäftigten sich nach der Berufszählung von 1895: 53,5 % der Erwerbstätigen. Hauptprodukte des Ackerbaues sind: Hafer, Roggen, Kartoffeln und Futterkräuter; geringer ist der Ertrag an Weizen und besonders an Gerste sowie an Ölgewächsen und Lein. Obst wird besonders in der Edergegend gebaut und von da auch ausgeführt, Apfel- und Pflaumenbäume herrschen vor, die Zahl der Kirschbäume ist auffallend gering. Die Viehzucht ist nicht unerheblich. Man zählte 1904 im ganzen Lande 6838 Pferde, 31.159 Stück Rindvieh, 28.440 Schafe, 42.457 Schweine, 8895 Ziegen und 3553 Bienenstöcke. Beide Fürstentümer haben gute und ausgedehnte Waldungen (meist Hochwald), die zusammen 42.795 Hektar betragen; davon sind 69,8 % Laubholz, 30,2 Nadelholz, 62,5 Domanialforsten, 21,5 Gemeinde- und 13,7 % Privatforsten. Der früher ziemlich lebhaft betriebene Bergbau auf Eisen- und Kupfererze (in der Eder wurde auch Gold gewaschen) hat seit längerer Zeit bedeutend abgenommen. 1905 wurden 27.918 Tonnen Eisenerze gefördert, außerdem etwas Gips und Dachschiefer. Die wenigen Eisenhütten stehen zurzeit still. Auch sonst ist die industrielle Tätigkeit noch unerheblich. Der Besuch der Bäder Pyrmont und Niederwildungen (Bad Wildungen) hat sich sehr gehoben, namentlich auch die Ausfuhr des Wildunger Wassers (1904: 1,4 Millionen Flaschen). Zwei Sekundärbahnen: Wabern-Wildungen und Warburg-Arolsen–Korbach-Sarnau durchziehen das Fürstentum Waldeck; das Fürstentum Pyrmont wird auf einer kurzen Strecke von der Hannover-Altenbekener Bahn berührt.
Das ehemals gräfliche Haus Waldeck stammt von den Grafen von Schwalenberg ab, unter denen Widukind und sein Bruder Hermann um 1189 als Grafen von Waldeck bezeichnet werden. Von ihren Neffen begründete Volkwin eine neue Linie Schwalenberg, der andere, Adolf (1214–70), setzte den Zweig Waldeck fort. Mittelpunkt der Grafschaft war das Gericht Waldeck in Hessen, das die Stadt und Burg Waldeck, Sachsenhausen, Bergheim u. a. O. umfasste.
Fürst Georg Viktor, der am 14.01.1852 volljährig wurde, erklärte, dass er die Regierung nicht übernehmen werde, solange die demokratische Verfassung von 1849 Gültigkeit habe. Deshalb legte die Regierung einem besonders einberufenen Revisionslandtag den Entwurf einer neuen Verfassungsurkunde vor, der am 17.08.1852 veröffentlicht wurde. 1856 wurden wieder indirekte Klassenwahlen eingeführt. Am 01.08.1862 wurde eine Militärkonvention mit Preußen geschlossen. Infolge des Deutschen Krieges von 1866 wurde auch Waldeck, das sich auf Preußens Seite gestellt hatte, ein Glied des Norddeutschen Bundes. Doch lehnte der Landtag die Bundesverfassung einstimmig ab, um den Fürsten zu einem Akzessionsvertrag mit Preußen zu drängen, da das Land die Kosten der neuen Verhältnisse nicht zu tragen vermochte. Dieser kam 18. Juli 1867 zustande, wurde am 22. Oktober von der Landesvertretung genehmigt, galt zunächst auf 10 Jahre und wurde nach deren Ablauf 1877 und 1887 verlängert. Danach ging die Verwaltung des Landes vom 01.01.1868 an Preußen über. Der Fürst behielt sich das Begnadigungsrecht, das Kirchenregiment und die Zustimmung bei der Gesetzgebung, die von der Abtretung der Verwaltung nicht berührt wird, vor. In Justiz- und Schulangelegenheiten ressortiert das Land von den Preußischen Behörden in Kassel.
Regenten.
Regierendes Fürstenhaus: Ahnherr Widukind, Graf von Schwalenberg (um 1120).
Beide Fürstentümer haben eine eingeschränkt monarchische Verfassung, welche auf der Verfassungsurkunde vom 17. August 1852 beruht. Der Fürst besitzt die gesamte Staatsgewalt, bei deren Ausübung er an die Verfassung gebunden ist. Die Regierung ist erblich im Mannesstamm des waldeckschen Fürstenhauses, einschließlich der gräflichen Linie desselben, nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge; beim Erlöschen des Mannesstamms geht im eigentlichen Fürstentum Waldeck die Regierung auf die weibliche Linie über.
Fürsten zu Waldeck und Pyrmont:
- 1712 – 1728: Friedrich Anton Ulrich.
- 1728 – 1763: Karl August Friedrich.
- 1763 – 1812: Friedrich Karl August (bis 1766 unter Vormundschaft, ab 1805 nach Erbteilung nur noch Fürst zu Waldeck).
- 1812 – 1813: Georg I. (1805–1812 Prinz zu Waldeck und Fürst zu Pyrmont).
- 1813 – 1845: Georg II. Heinrich.
- 1845 – 1893: Georg Victor.
- 1893 – 1946: Friedrich.
- 1946 – 1967: Josias zu Waldeck und Pyrmont.
- 1967 bis heute: Wittekind zu Waldeck und Pyrmont.
Gerichtsorganisation.
Die höchste richterliche Instanz für Waldeck bildet das Oberlandesgericht in Kassel und für Pyrmont das Oberlandesgericht in Celle. Dort sind die drei Amtsgerichte Arolsen, Korbach und Niederwildungen dem Bezirk des Landgerichts Kassel, hier das Amtsgericht Pyrmont dem Bezirk des Landgerichts Hannover zugeteilt.
Administrative Gliederung des Fürstentums Waldeck und Pyrmont.
Fürstentum Waldeck:
- Kreis der Eder mit 36 Gemeinden, einer Fläche von 334 km² und 15.259 Einwohnern (Jahr 1900): Affoldern, Albertshausen, Alraft, Alt Wildungen, Anraff, Armsfeld, Bergfreiheit, Bergheim, Berich, Böhne, Braunau, Bringhausen, Buhlen, Frebershausen, Freienhagen, Gellershausen, Giflitz, Hemfurth, Hüddingen, Hundsdorf, Kleinern, Königshagen, Mandern, Mehlen, Netze, Nieder Werbe, Nieder Wildungen (seit 1906 Bad Wildungen), Ober Werbe, Odershausen, Reinhardshausen, Reitzenhagen, Sachsenhausen, Waldeck, Wega, Wellen, Züschen.
- Kreis des Eisenberges mit 43 Gemeinden, einer Fläche von 419 km² und 17.593 Einwohnern (Jahr 1900): Adorf, Alleringhausen, Benkhausen, Berndorf, Bömighausen, Dalwigksthal, Eppe, Flechtdorf, Fürstenberg, Giebringhausen, Goddelsheim, Goldhausen, Helmscheid, Heringhausen, Hillershausen, Immighausen, Korbach, Lelbach, Lengefeld, Meineringhausen, Mühlhausen, Münden, Neerdar, Neukirchen, Nieder Ense, Nieder Schleidern, Nordenbeck, Ober Ense, Ottlar, Rattlar, Rhadern, Rhena, Rhenegge, Sachsenberg, Schwalefeld, Schweinsbühl, Stormbruch, Strothe, Sudeck, Usseln, Welleringhausen, Willingen, Wirmighausen.
- Kreis der Twiste mit 31 Gemeinden, einer Fläche von 302 km² und 16.430 Einwohnern (Jahr 1900): Ammenhausen, Arolsen, Braunsen, Bühle, Dehausen, Dehringhausen, Elleringhausen, Gembeck, Helmighausen, Helsen, Herbsen, Hesperinghausen, Hörle, Kohlgrund, Külte, Landau, Lütersheim, Massenhausen, Mengeringhausen, Neudorf, Nieder Waroldern, Ober Waroldern, Orpethal, Rhoden, Schmillinghausen, Twiste, Vasbeck, Volkhardinghausen, Wethen, Wetterburg, Wrexen.
Fürstentum Pyrmont:
- Das Fürstentum Pyrmont bildet einen Kreis mit 11 Gemeinden und einer Fläche von 66 km² (1,10 Quadratmeilen) 8.636 Einwohnern (Jahr 1900): Baarsen, Eichenborn, Großenberg, Hagen, Holzhausen, Kleinenberg, Löwensen, Neersen, Pyrmont, Ösdorf, Thal.